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ALTENKUNSTADT

Wer baut die Altäre an Fronleichnam in Altenkunstadt auf?

Gertrud Kraus pflegt seit Jahrzehnten das Familienerbe. Foto: Anreas Motschmann

Alle Jahre wieder berichtet das Obermain-Tagblatt von den Fronleichnamsprozessionen. Fotos von geschmückten Altären der Orte stehen im Mittelpunkt. Heute gibt es einen Blick hinter die Kulissen: Wie werden die Altäre am Vortag oder am frühen Morgen des Feiertages aufgebaut, welche Arbeit steckt dahinter? Der Autor dieser Zeilen hat im vergangenen Jahr die Arbeiten in Altenkunstadt mitverfolgt.

Der erste Altar wird am Mittwochnachmittag am Anwesen der früheren Metzgerei Pfadenhauer aufgebaut. Seit vielen Jahren ist er in der Obhut der katholischen Kirchenverwaltung. Deren Mitglieder organisieren die Arbeit. Die Bauteile des Altars aus dem 19. Jahrhundert werden das Jahr über in der Garage des Pfarrheimes in der Klosterstraße eingelagert. Auf einem Anhänger transportieren die freiwilligen Helfer die Teile zum nahen Standort.

Wie ein Puzzle

Vor Ort werden die einzelnen Bauteile zusammengefügt. Keine leichte Arbeit: Jahr für Jahr muss überlegt werden, wie die „Puzzleteile“ zueinander passen. Einige Nummern und Hinweise wie: „Rechts unten“ oder „Oben Mitte“ auf dem Gestell und auf der Rückseite der Teile helfen. Trotzdem ist das Zusammensetzen nicht einfach; bei den vermutlich über 150 Jahren alten Teilen ist größte Vorsicht geboten. Keines soll beschädigt werden.

Gertrud Kraus' Sohn Thilo unterstützt beim Aufbau und zeigt die Skulptur der Hl.Familie mit Josef als Zimmermann. Foto: Anreas Motschmann

Das genaue Alter ist leider nicht mehr herauszufinden. Mitglieder der Familie Pfadenhauer haben dazu keine Unterlagen gefunden, auf der Rückseite des Altars sucht man vergeblich eine Jahreszahl.

Mit Hammer und Akkuschrauber

Mit Leiter, Hammer und Akkuschrauber gehen die Helfer ans Werk, nach gut zwei Stunden steht der Altar in voller Pracht.

Die Bauteile des ältesten Altars werden das Jahr über in der Garagedes Pfarrheimes eingelagert. Freiwillige Helfer laden sie auf einenAnhänger. Foto: Anreas Motschmann

Der „Bautrupp“ stärkt sich mit Getränken und verabredet sich für den nächsten Tag zum Abbau.

Das Opferlamm, die Abendmahlszene und drei weitere Gemälde aus dem Neuen Testament schmücken den wertvollen Altar. Hinzu kommen zwei Abbildungen von Bibelsprüchen, ganz oben ist die Kreuzigungsszene zu sehen. Der Altar wird mit Tischdecken, Teppich, Kerzen und einem Kreuz geschmückt. Rechts und links wird er von großen Birken flankiert. Am frühen Morgen des Fronleichnamstags wird um 6 Uhr vom Gartenbauverein der Blumenschmuck gebracht.

Skulptur aus Erstem Weltkrieg

Ein weiterer Altar steht in der Klosterstraße. Gertrud Kraus pflegt seit Jahrzehnten das Familienerbe. Sie wird von ihrem Sohn Thilo beim Aufbau unterstützt. Auch hier ist das genaue Alter nicht bekannt. Gertrud Kraus weiß von ihrem Vater, dass die Skulptur der heiligen Familie mit Josef als Zimmermann im Ersten Weltkrieg entstanden ist; ihr Vater hatte eine Schreinerei.

Der dritte Altar steht an der bekannten Grießinger Mühle; auch dieser wird nach wie vor von den Familienmitgliedern liebevoll aufgebaut und betreut. Der vierte Altar hat seit einigen Jahren einen neuen Standort. Er steht am Friedrich-Baur-Seniorenzentrum Sankt Kunigund.

In alle Himmelsrichtungen

Sind alle Stationsaltäre aufgebaut, kann die Prozession mit dem Allerheiligsten vorbeiziehen.

Dieser Altar hat seit einigen Jahren einen neuen Standort amFriedrich-Baur-Seniorenzentrum Sankt Kunigund. Foto: Anreas Motschmann

Erste Station ist der Altar an der Grießinger Mühle mit herrlicher Kulisse. Weiter geht es zum Seniorenzentrum. So können auch die älteren Einwohner an der Prozession teilnehmen.

Die dritte Station ist am Familienaltar in der Klosterstraße. Den Abschluss bildet der älteste Altar an der früheren Metzgerei Pfadenhauer. Der unter Gesang und Gebet erbetene eucharistische Segen wendet sich nach Ost, West, Nord und Süd, also an die ganze Welt.

Anschließend zieht der Prozessionszug wieder hinauf zur Kirche. Vielerorts – früher bewusster und reichlicher als heute – schmücken Kerzen, Bilder, Blumen und Fahnen die Häuser.

Wie der Vormittag ausklingt

Im Vergleich zu früheren Jahrzehnten ist auch die Prozession kürzer geworden, da sich immer weniger Personen daran beteiligen.

: Blick hinter die Kulissen des Altars. Mit Leiter und Hammer gehendie Helfer beim Aufbau ans Werk. Foto: Anreas Motschmann

Das Interesse an dieser Tradition hat auch auf dem Land nachgelassen.

Lobenswerterweise engagieren sich Gläubige in der Pfarrei beim Aufbau der Altäre. Eine schöne, aber etwas jüngere Tradition: Nach der Prozession treffen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Garten des Pfarrheimes zum Frühschoppen, der vom katholischen Casino veranstaltet wird. Hier klingt der Vormittag bei Blasmusik, Speisen und Getränken aus.

Fronleichnam

Das Fronleichnamsfest am zweiten Donnerstag nach Pfingsten ist außer in Bayern in weiteren fünf Bundesländern und in Österreich gesetzlicher Feiertag. Papst Urban IV. führte 1264 das Hochfest der „Einsetzung der Eucharistie“ in der katholischen Kirche ein und ordnete es für den ganzen katholischen Erdkreis an.
Bibelsprüche zieren den ältesten Altar in Altenkunstadt. Foto: Anreas Motschmann
Am Morgen des Fronleichnamstags erstrahlt der Altar amMarktplatz mit Blumenschmuck in vollem Glanz. Foto: Anreas Motschmann
Ein Altar steht an der Grießinger Mühle, auch er wird vonFamilienmitgliedern liebevoll aufgebaut. Foto: Anreas Motschmann

Von Andreas Motschmann

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