Allzu herzlich fiel am Montag die Begegnung der beiden Männer auf dem Amtsgericht nicht aus, auch wenn der Angeklagte beteuerte, dass man sich wieder gut sei. In einem Verfahren um Körperverletzung samt Sachbeschädigung hatte sich ein 39-jähriger aus dem Landkreis zu verantworten.
Ein Schlag ins Gesicht ist nicht die feine englische Art. Doch völlig unerklärlich wird er, wenn er unvermittelt kommt. Ein 53-jähriger Reparateur in Firmendiensten hatte das am 15. Oktober des vergangenen Jahres in einer Burgkunstadter Kneipe erlebt. Es war gegen 0.15 Uhr, der Mann stand am Flipper und flipperte, dabei sprach er etwas aus.
„Ich habe was gesagt, was mit dem Angeklagten nix zu tun gehabt hatte – da kam schon die Faust“, so das Opfer auf Nachfrage von Richterin Katharina Mülling, wie sich der Vorfall seiner Erinnerung nach abgespielt habe. Der Angeklagte selbst war hinsichtlich seines Tatmotivs nicht sonderlich auskunftsfähig, hatte er zum Tatzeitpunkt doch 1,6 Promille intus und eher verschwommene Erinnerungen hierzu. „Alkoholisiert waren wir alle a bissla und a bissla aufgestachelt wegen Diskussionen“, erklärte der neben seinem Verteidiger Jan Hofer sitzende Enddreißiger.
Nur vage Erinnerungen
Waren seine Erinnerungen auch vage, so führte er seine guten Absichten umso konkreter aus: „Ich werde für den Schaden aufkommen!“ Doch so ein bisschen zu erinnern glaubte der Angeklagte doch und er tat es auf eine Weise, die Richterin Mülling nachfragen ließ.
„Was meinen Sie damit, wenn Sie sagen, dass es nicht so schlimm war?“, hakte sie nach. Denn was sie vom Angeklagten zuvor zu hören bekam, ging in Richtung Relativierung. Es fielen von ihm Sätze wie „Ich kann mir seine Wunde an der Lippe nicht erklären“, schließlich habe er ja „nicht mit der Faust zugeschlagen, sondern mit der Handkante“.
Wie immer der Mann auch zuschlug, die Lokalleitung veranlasste das damals zu einem Platzverweis samt Hausverbot. Das Opfer sollte während der Verhandlung im Saal 14 darauf bestehen, dass die Handkante eine Faust war und ließ auch nicht unerwähnt, dass diese Faust seine Brille in Mitleidenschaft zog. Eine teurer Brille, eine Gleitsichtbrille. Wert: 599 Euro laut einer vorgelegten Rechnung aus dem Jahr 2018.
Kaputte Brille
„Freilich komme ich für die Brille auf, ich habe dir ja eine gezündet“, bekräftigte der Angeklagte gegenüber dem Opfer und zeigte sich durch und durch geständig und kooperativ. Doch man hätte wohl auf dessen Bundeszentralregister gespannt sein dürfen. Einmal fiel seitens Staatsanwältin Patricia Adler die Bemerkung, wonach es wohl schon mal zu ähnlichem Vorfall gekommen sei, doch sollte Mülling der Sache nicht weiter nachgehen. Vielmehr ging sie auf das Ansinnen des arbeitslosen Angeklagten ein, für den angerichteten Schaden aufzukommen.
So wurde der Paragraf 153a bemüht, der eine Verfahrenseinstellung unter Auflage regelt. 60 Arbeitsstunden wurden dem 39-Jährigen für seine Tat auferlegt. Die Brillenkosten gehen extra.
Von Markus Häggberg