Die häusliche Pflege ist am Limit. Ein Drittel der pflegenden Angehörigen ist überfordert. Der Sozialverband VdK und auch sein Kreisverband Lichtenfels setzen sich für eine Verbesserung der Situation ein. So gab es jüngst auf dem Lichtenfelser Marktplatz eine außergewöhnliche Veranstaltung zu sehen. Eine sogenannte „Stille Demo“ gab es zu erleben.
Der VdK hatte einen Infostand und über 20 Stehplakate aufgebaut. Auf letzteren hatten Mitglieder ihre Meinung und ihre Forderungen zum Pflegenotstand in Deutschland in kurzen Sätzen dargelegt. Und diese reichten weit: „Niemand in der Politik fühlt sich für Pflegende zuständig“; „Ich pflege gerne, weiß aber nicht wie lange ich die Kraft dazu noch habe“; „Für Pflegbedürftige ist kein Geld da“; „Pflegende Angehörige sind nicht Pflegende 2. Klasse“; „Mehr Unterstützung der Pflege zu Hause“; „Pflege darf nicht in Harz IV enden“ – lauteten die Botschaften auf den Plakaten. Botschaften, die für sich Sprechen. Denn Pflege kann einmal jeden betreffen.
Deutliche Zunahme am Beratungsbedarf
„Wir kämpfen für bessere Rahmenbedingungen für die Pflege zu Hause“, erklärte VdK-Kreisvorsitzende Monika Faber. Der Grund dafür sei einfach. Im Bereich Kranken- und Pflegeversicherung wurden im vergangenen Jahr 750 Anliegen in der Geschäftsstelle Lichtenfels von Mitgliedern vorgetragen, die hier eine Hilfe suchten.
„Dies war und ist eine deutliche Zunahme an Beratungsbedarf“, sagt Kreisgeschäftsführerin Christine Rieder. So hat der VdK bundesweit die Kampagne zum Thema „Häusliche Pflege“ gestartet. „Grundsätzlich geht es darum, das Pflegende mehr Unterstützung erhalten“, sagte dazu die Kreisvorsitzende Monika Faber. Bei der „Stillen Demo“ konnten sich natürlich Interessenten bei den Mitarbeitern der Kreisgeschäftsstelle des VdK Lichtenfels informieren. Vor allem darüber, welche Forderungen seitens des VdK gestellt werden. Ein Angebot, das viele vorbeikommende gerne annahmen.
Es wurde zunächst darauf hingewiesen, dass es zum Thema häusliche Pflege durch Angehörige kaum wissenschaftlich belegbare Zahlen gebe. Der Sozialverband „VdK“ hatte daher zu einer Mitgliederbefragung aufgerufen, an der sich 56.000 Personen beteiligten. 22,3 Prozent der Angehörigen geben an, das sie mehr als 40 Stunden pro Woche für die Pflege ihrer Angehörigen aufzubringen, was einer Vollzeitbeschäftigung entspricht.
Die meisten Pflegebedürftigen haben Pflegegrad 2 oder 3, was auch den allgemeinen Pflegestatistiken entspricht. Anders als bei vielen sonstigen Dienstleistungen ist die Pflege von Angehörigen mit vielen Emotionen verbunden und die Übernahme dieser Aufgabe vorwiegend von Nächstenliebe geprägt.
Hieraus ist der Begriff „Nächstenpflege“ der VdK-Pflegekampagne entstanden. Krebskranke Kinder, demenzerkrankte Eltern – die emotional Belastbarkeit der Pflegenden ist in solchen Bereichen extrem hoch.
Was noch erschreckend ist: Mehr als die Hälfte der Befragten sagte aus, wegen der Pflege die eigene Gesundheit zu vernachlässigen. Schlimmstenfalls werden sie selbst Pflegebedürftig, eine verheerende Folge.

Die Nächstenpflege ist kein Angestelltenverhältnis, Angehörige melden sich nicht krank. Sie opfern sich im wahrsten Sinne des Wortes auf. Insgesamt gaben 60 Prozent der pflegenden Angehörigen erhebliche gesundheitliche Beschwerden an. Und genau diese Menschen pflegen ihre Liebsten nicht selten bis zu ihrer absoluten Belastungsgrenze, bis hin zur Selbstaufgabe.
Der VdK fordert deshalb eine wesentliche Verbesserung in diesem Bereich, so wie es die Schilder bei der „Stillen Demo“ ausdrückten: „Mehr Hilfe im Haushalt, bei der Pflege und der Betreuung“ endet oft mit „Pflegedienst oder Haushaltshilfe wird gesucht“.
Freistellung ohne Karriereeinbußen
„Mehr Zeit zum Pflegen ohne finanzielle Sorgen“ würde bedeuten Freistellung von der Arbeit ohne Karriereeinbußen sowie ein Rückkehrrecht in den Beruf, unabhängig der Betriebsgröße. „Mehr Rente für pflegende Angehörige“.
„Wer über 30 Stunden pro Woche arbeitet oder bereits in Rente ist, erhält aktuell keine Rentenpunkte. Hier muss sich was ändern“, fordert Monika Faber vehement. Auch die Tages und Kurzzeitpflege rufte geradezu nach Verbesserung, so der VdK.
Von ROLAND DIETZ