Noch ist es auf den Ortseingangsschildern nicht ersichtlich, aber Lichtenfels darf sich bereits seit Herbst vergangenen Jahres als Hochschul-Standort bezeichnen. Im Oktober 2022 fiel der Startschuss für den neuen Master-Studiengang „Additive Manufacturing and Lightweight Design“, den die Hochschule Coburg in Kooperation mit dem in Lichtenfels ansässigen Forschungs- und Anwendungszentrum für digitale Zukunftstechnologien (FADZ) anbietet.
Zwei von insgesamt drei Semestern haben die Studierenden bereits hinter sich gebracht und wissen dabei vor allem die enge Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft, von Forschung und Anwendung zu schätzen.
Neue Möglichkeiten nutzen
Felix Haberkorn ist einer von insgesamt fünf Studierenden, die das neue Studienangebot der Hochschule Coburg wahrgenommen haben. „Nach meinem Bachelor an der Friedrich-Alexander-Universität in Nürnberg habe ich nach einem Masterstudiengang mit mehr Praxisbezug gesucht und bin dabei auf ,Additive Manufacturing and Lightweight Design' gestoßen. Ich fand es zum einen sehr spannend, die Möglichkeit eines ganz neuen Studiengangs zu nutzen. Zum anderen hat mich auch das praxisnahe und projektbezogene Konzept angesprochen“, berichtet der Student.
Tatsächlich ist der Studiengang so aufgebaut, dass keine fortlaufenden Fächer zu belegen sind. Stattdessen gibt es insgesamt vier Module, von denen sich zwei im Wintersemester jeweils mit „Leichtbau Metall“ und „Additive Fertigung Metall“ sowie im Sommersemester mit „Leichtbau Kunststoff“ und „Additive Fertigung Kunststoff“ befassen. Während die Leichtbau-Themen in Coburg behandelt werden, finden die Lehrveranstaltungen zur Additiven Fertigung in Lichtenfels statt, genauer gesagt in der Machbar, der Zukunftswerkstatt des FADZ in der Laurenzistraße.
Super Arbeitsumfeld
Laut Felix Haberkorn war die Aufteilung der Lehre auf zwei verschiedene Standorte für die Studierenden kein Problem: „Durch den modulartigen Aufbau des Studiums mussten wir nicht ständig hin- und herpendeln, sondern haben die jeweiligen Lehr-Einheiten in der Regel am Stück absolviert.“

Auch das Arbeitsumfeld in Lichtenfels habe ihm und seinen Kommilitonen sehr gut gefallen: „Es ist schon klasse, dass solch moderne Räumlichkeiten wie das FADZ zur Verfügung stehen, wo nicht nur die Lehrinhalte vermittelt werden, sondern auch die entsprechenden Maschinen benutzt werden können und der Bezug zur Praxis somit viel größer ist“, so Felix Haberkorn.
Praxisbezogenes Lehr-Prinzip
Apropos Praxisbezug: Anstelle von Prüfungen steht die Projekt-Orientierung ganz klar im Zentrum des Studiengangs. Zwar bildet die Theorie die Grundlage und wird in jedem Modul mit einer Prüfung abgefragt, doch das tatsächliche Lernen und Verstehen findet im Rahmen von Projektarbeiten statt, wie Haberkorn erklärt: „Dadurch, dass wir uns selbstständig und über einen längeren Zeitraum intensiv mit einem bestimmten Thema auseinandersetzen, verstehen wir die Zusammenhänge viel besser. Was ebenfalls schön ist: Die Ausarbeitungsmöglichkeiten der Projekte sind vielfältig gestaltet, das heißt wir schließen das Modul zum Beispiel mit einem Bericht, einem selbst erarbeiteten Modell oder einer Abschlusspräsentation ab.“
Eine wichtige Rolle spielt dabei die Zusammenarbeit mit Firmen aus der Region, in der Regel Mitgliedsunternehmen des FADZ Wirtschaftsverbandes. Diese treten mit konkreten Fragestellungen an die Studierenden heran, etwa die Cipres GmbH aus Ahorn, die als Druck- und Nachbearbeitungs-Dienstleister für Kunststoffteile ein Projekt im Bereich der Produktionsplanung beauftragt hat. Bei derartigen Kooperationen lernen die Studenten nicht nur, wie man im Team arbeitet und mit Kunden kommuniziert, sondern sie befassen sich auch mit betriebswirtschaftlichen Inhalten, da beispielsweise Kalkulationen durchgeführt werden müssen.
Herausforderungen
Dass jedem Anfang nicht nur ein Zauber inne wohnt, sondern auch Herausforderungen zu bewältigen sind, weiß Prof. Dr. Markus Stark, Leiter des Instituts für Prototypen- und Modelltechnik an der Hochschule Coburg. Er hat das Studienkonzept von Anfang an mitentwickelt und berichtet, dass die Planung des neuartigen, praxisnahen und Projekt-zentrierten Lehrkonzepts durchaus anspruchsvoll gewesen sei: „Vor allem mussten hier die Lehrinhalte thematisch und auch zeitlich an die Semester begleitenden Projektarbeiten – welche ja auch in Zusammenarbeit mit regionalen Firmen durchgeführt werden – angepasst sein.“
Darüber hinaus galt es, organisatorische Hürden zu überwinden, die durch den Einsatz aller Beteiligten – FADZ Zweckverband, FADZ Wirtschaftsverband, Machbar e.V. und Hochschule Coburg einschließlich der Studierenden – schnell überwunden werden konnten.
„Ich denke, es ist uns gelungen, einen interessanten wie auch anspruchsvollen Studiengang zu entwickeln, der mit den Themen 3D-Druck und Leichtbau sowie mit flankierenden Inhalten, beispielsweise aus Wirtschaft und Recht, auch die Entwicklung und Herstellung nachhaltiger Produkte und Technologien im Fokus hat. Ein Indiz hierfür ist, dass die Studierenden stets mit Begeisterung, Diskussionsfreude und großem Einsatz dabei waren. Da macht die Lehre besonders viel Spaß“, so der Lehrbeauftragte.

Fit für das Berufsleben
Im kommenden Wintersemester steht nun für die „erste Generation“ der Studenten die Masterarbeit an, was alle in Kooperation mit Unternehmen umsetzen, darunter ein Maschinenhersteller aus Kronach, ein Automobilzulieferer aus Coburg sowie ein Hersteller von Schutz- und Sicherheitsprodukten aus Fürth.
Felix Haberkorn beispielsweise will aufzeigen, wie sich Produkte durch den Einsatz von 3D-Druckverfahren individuell auf die jeweilige Kopf- oder Körperform von Konsumenten anpassen lassen. Wie es nach seinem Abschluss weitergeht, lässt er derzeit noch offen, hat aber jetzt schon das Gefühl, dass ihn das Studium für sein künftiges Berufsleben „in vielerlei Hinsicht qualifiziert“ hate.
Mehr Bewerbungen!
Die Vorzüge des neuen Studiengangs jedenfalls scheinen sich allmählich herumzusprechen. Wie Studiengangsleiter Prof. Dr. Helmut Alexander Rost berichtet, seien 50 Prozent mehr Bewerbungen als im Vorjahr eingegangen: „Diese Entwicklung ist sehr erfreulich. Unser Ziel ist es, etwa 15 bis 20 Studierende pro Semester, das heißt 30 bis 40 Studenten pro Jahr aufzunehmen.“ Aktuell befinde man sich außerdem mitten im Akkreditierungsprozess.

„Wenn alles gut läuft, erhält unser Studiengang im Herbst eine Akkreditierung und damit ein unabhängiges Qualitätsurteil. Damit würde dann auch offiziell bestätigt, was wir schon jetzt anhand des positiven Feedbacks der Studierenden und Lehrbeauftragten wissen: Dass wir hier einen zukunftsweisenden Studiengang anbieten, der Menschen nachhaltig ausbildet“, betont Prof. Rost abschließend.
Von Marion Nikol