Die Abwassergebühr wird in Lichtenfels ab 2025 nach Schmutzwasser und Regenwasser getrennt berechnet. Nach kontroversen Diskussionen hat der Stadtrat die Einführung dieser gesplitteten Abwassergebühr beschlossen. Neun Räte aus den Reihen von CSU, WLJ und AfD stimmten dagegen.
Die Meinungen gingen schon vor Beginn der Beratungen auseinander, als Frank Rubner (CSU) beantragte, den Beschluss zu vertagen, um zuvor die Bürger zu informieren. „Wir werden die Bürger mitnehmen, aber dazu muss der Stadtrat erst entscheiden, ob die Gebühr gesplittet werden soll oder nicht“, gab Bürgermeister Andreas Hügerich (SPD) zu bedenken. Eine Vertagung lehnten 17 Räte aus den Reihen von SPD, Grünen und Freien Wählern ab.
„Wir haben uns nicht darum gerissen, aber zehn Bürger haben Widerspruch gegen die Berechnung der Abwassergebühren eingelegt“, erläuterte der Bürgermeister. Rechtlich sei die Stadt dazu verpflichtet, die Abwassergebühr zu splitten, weil der Verwaltungsgerichtshof in einem Urteil festgestellt habe, dass gemischte Gebühren nur zulässig sind, wenn maximal zwölf Prozent der Gesamtkosten durch die Einleitung von Regenwasser verursacht werden. In Lichtenfels liege der Anteil aber bei fast 50 Prozent (Von 208 Kilometer Kanalnetz sind 131 Kilometer Mischwasserkanäle). Sollte einer der Beschwerdeführer vor Gericht gehen, würde die Stadt verlieren und dann müssten die rund 7000 Gebührenbescheide doppelt verschickt werden, warnte warnte Kämmerer Dominik Först.
Besitzer werden über Einstufung informiert und können widersprechen

Grundlage der Berechnung sei der Anteil der versiegelten Flächen auf dem jeweiligen Grundstück, von denen Niederschlagswasser in den Kanal geleitet wird. Först empfahl eine Berechnung nach dem Grundstücksabflusswert in Stufen (wie in Burgkunstadt praktiziert), da eine Ermittlung der tatsächlich befestigten Fläche (wie in Bad Staffelstein) aufwändig sei und ständig aktualisiert werden müsste. Ein Ingenieurbüro ermittele dazu anhand von Luftbildern den Grundstücksabflusswert und teile ihn dem Besitzer mit. Wenn der eine Abweichung von mindestens 20 Prozent nachweise, werde er günstiger eingestuft. Die Kosten für das Ingenieurbüro (180 000 Euro) werden auf Gebühren umgelegt.
In Bürgerversammlungen ab Mitte 2023 solle das Vorhaben nicht nur vorgestellt, sondern auch Beratungs- und Unterstützungsangebote gemacht werden. Bei jedem Grundstück könnte aufgezeigt werden, wie versiegelte Flächen und damit die Gebühren verringert werden können. Anreize sollen eine Verdoppelung der Fördersätze für Zisternen und Gründächer sowie weitere für Versickerungsanlagen und Entsiegelung bieten.
Sind die Grundbesitzer die Leidtragenden?
„Leidtragende sind Grundbesitzer und große Gehöfte auf dem Jura, die ihren Hof ordentlich gepflastert und die Güllegruben abgeschafft haben“, kritisierte Roland Lowig (WLJ). Lichtenfels solle warten, bis die Landesregierung die Umstellung für alle Kommunen vorschreibe.
„Es ist auch nicht gerecht, wenn ein Haushalt mit zehn Mitgliedern genausoviel Abwassergebühr zahlt wie ein Supermarkt, nur weil sie nach dem Frischwasserverbrauch berechnet wird“, gab Arndt Schille (SPD) zu bedenken. Außerdem sei es angesichts von zunehmender Trockenheit und Starkregenereignissen wichtig, Anreize zu geben, damit möglichst viel Regenwasser vor Ort versichert werde.
„Wer städtische Einrichtungen nutzt, soll dafür auch entsprechend zahlen“, forderte Dr. Susann Freiburg (Grüne). Würden Besitzer großer versiegelter Flächen stärker belastet, komme dies anderen, die weniger in den Kanal einleiten, zugute. Die Berechnung nach dem Frischwasserverbrauch sei ungerecht gegenüber Bewohnern von Neubaugebieten, die kein Regenwasser in den Kanal einleiten, weil alles versickert werde. Um den Anreiz für Verbesserungen zu erhöhen, beantragte sie, Bürgern bereits ab zehn Prozent Abweichung eine Widerspruchsmöglichkeit einzuräumen.

Auf Frank Rubners Frage, ob auch eine Terrasse, die in den Rasen entwässere, einberechnet werden, erklärte Horst Sünkel von der Verwaltung, dass jeder Eigentümer einen Plan mit den einbezogenen Flächen erhalte und dann korrigieren können, was nicht stimme.
„Wenn man die Bürger mitnehmen will, muss man sie zuerst informieren und dann die Satzung beschließen“, kritisierte Robert Gack (CSU). Da seit dem Urteil 20 Jahre lang keine Klagen erhoben worden seien, könnte die Stadt auch bei der bisherigen Regelung bleiben.
Auch Regenwasserkanäle verursachen Kosten: Keine Ausnahmen
Zu kompliziert fand Philipp Molendo (JB) die Ermittlung sämtlicher Flächen. Einfacher wäre es, die Versiegelung nur für Grundstücke ab 750 Quadratmetern zu prüfen und Einfamilienhäuser wie bisher abzurechnen.
Auf den Einwand von Johannes Oppel (WLJ), dass auch Anwesen, die in den Regenwasserkanal einleiteten, herangezogen würden, erklärte der Bürgermeister, dass auch Regenwasserkanäle Kosten verursachten. Christian Barth (JB) regte an, nur einen Grundsatzbeschluss über die Splittung zu fassen und die Einzelheiten der Abrechnung erst nach den Bürgerersammlungen zu entscheiden.
„Damit treiben wir die Rentner aus ihren Häusern“, kritisierte Heikel Kunzelmann (AfD). Sie warnte vor zusätzlichen Kosten für die Erfassung und dass künftig Kanäle mit Trinkwasser gespült werden müssten.
Bei der Abstimmung hatten sich die Fronten etwas angenähert. So wurde der Grundsatzbeschluss zur Splittung der Abwassergebühr mit 19:9 Stimmungen gefasst. Ebenso die Entscheidung für die Berechnung nach dem Grundstücksabflusswert mit einer Einspruchsmöglichkeit ab zehn Prozent.
Aus dem Stadtrat: Höhere Gebühren für Merania-Hallenbad und städtische Einrichtungen

Die Gebühren für das Merania-Hallenbad werden ab März um 20 Prozent erhöht. Das hat der Stadtrat bei zwei Gegenstimmen (Johannes Oppel, WLJ; Heike Kunzelmann, AfD) beschlossen. Mit den steigenden Kosten für Energie, Wasser und Abwasser begründete Andreas Eberlein von der Stadtverwaltung die Erhöhung. Zuletzt seien die Gebühren 2015 erhöht worden.
Demnach kostet ab März der Eintritt beispielsweise für Erwachsene pro Stunde drei Euro (bisher 2,50 Euro), die Tageskarte 7,20 Euro (6 Euro); für Kinder 1,80 Euro (1,50 Euro), die Tageskarte 5,40 Euro (4,50 Euro) und die Familienkarte für zwei Stunden 11,40 Euro (9,50 Euro), die Tageskarte 19,80 Euro (16,50 Euro.
Die Schulstunde wird 60 Euro (bisher 50 Euro) kosten, Vereine zahlen 10,20 Euro (8,50 Euro) und auswärtige Vereine pro Bahn 55 Euro (45 Euro). Der Preis für Schwimmkurs erhöht sich um je 50 Cent auf drei Euro für Erwachsene und zwei Euro für Kinder.
Außerdem werden die täglichen Öffnungszeiten um 15 Minuten verkürzt und nur noch zwei verschiedene Öffnungszeiten angeboten: die bisherigen Winter-Öffnungszeiten und Ferienöffnungszeiten.

Erhöht werden auch die Benutzungsentgelte für Sportstätten und stadteigene Räume (Gemeindehäuser, Feuerwehrhäuser und Kulturräume) wegen der gestiegenen Energiekosten um 20 Prozent. Nur vier Räte stimmten dagegen. So erhöht sich das Entgelt für die Dreifachturnhalle (ein Drittel Halle, 90 Minuten) auf 4,70 Euro (bisher 3,90 Euro) und für die ganze Halle (60 Minuten) auf 9,70 Euro (8,05 Euro) für örtliche Vereine.
Reinigungsdienstleistungen für städtische Gebäude wurden an die Firma Wackler Service Group für 371.572 Euro vergeben, wie der Bürgermeister mitteilte.
Gebilligt hat der Stadtrat die Abwägung der Bedenken zur Einbeziehungssatzung „Schmidsäcker“ in Stetten.
Auf einen drohenden Ärztemangel wies Philip Bogdahn (SPD) hin. Laut Versorgungsatlas der Kassenärztlichen Vereinigung seien 1,5 Hausarztstellen, 1,2 Augenarztstellen und 1,5 Hals-Nasen-Ohrenarzt-Stellen im Landkreis unbesetzt. Auch in der Orthopädie sei die Versorgung schlecht, seit das MVZ in Bad Staffelstein geschlossen wurde.
Bogdahn erinnerte an den Antrag der SPD auf Gründung eines kommunalen Medizinischen Versorgungszentrums, damit die Versorgung angesichts der zunehmenden Überalterung der niedergelassenen Ärzte auch in den nächsten 15 Jahren gesichert werden könne.
Von Gerhard Herrmann