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LICHTENFELS

Stadtrat Lichtenfels: Diskussionen über reine Information

Das Innovationszentrum im Winter 2008. Eine Anfrage von Heike Kunzelmann (AfD) zu dem zum Verkauf stehenden Gebäude durfte Bürgermeister Hügerich nicht beantworten. Kunzelmann verwies auf einen Spendenaufruf im Internet zum Kauf einer Moschee in Lichtenfels - mit Bild vom Innovationszentrum. Archivfoto: Markus Drossel Foto: ArchiMarkus Drossel

Es waren im Grunde genommen zwei Punkte, die bei der jüngsten Stadtratssitzung heftig diskutiert wurden. Philip Bogdahn (SPD) hatte den Antrag gestellt, den Ausschuss für Stadtentwicklung, Tourismus und Wirtschaft (Stewa) aufzulösen.

Er begründete seinen Antrag unter anderem damit, dass dieser Ausschuss nicht nötig sei. In den drei Jahren, in denen er in diesem Ausschuss sitze, seien keinerlei Entscheidungen getroffen worden. Es seien nur rein informative Sitzungen gewesen. Er habe auch auf Veränderungen gedrängt, allerdings würde er keinerlei Besserung sehen.

Verschwendung

Bogdahn bezeichnete diese Sitzungen als eine Verschwendung von Zeit und Geld. Allerdings wies er auch direkt darauf hin, dass dieser Antrag auf Auflösung keine Kritik am Bürgermeister oder Citymanager sei. Als der Ausschuss 2010 gegründet worden sei, habee es einen gewaltigen Investitionsstau gegeben. Die Bemühungen hätten auch Früchte getragen.

Andreas Schönwald von der Verwaltung rechnete dann die möglichen Einsparungen vor, die sich in einem Bereich von etwa 5600 Euro pro Jahr belaufen würden.

Befremdlich

Dr. Christopher Bogdahn (FW) signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion für den Antrag. Es sei zwar ein ungünstiger Zeitpunkt, mitten in der Legislaturperiode einen solchen Antrag zu stellen, aber er könne die Enttäuschung von Philip Bogdahn verstehen.

Christian Barth (CSU) findet es befremdlich, dass jemand nach drei Jahren feststelle, dass es nicht so sei, wie er es sich wünsche, und empfindet den Antrag eher als eine Art Hilferuf.

Dritter Bürgermeister Mathias Söllner (Die Grünen/Bündnis 90) setzte sich für eine Ablehnung des Antrages ein. Robert Gack (CSU) wies Philip Bogdahn darauf hin, dass dieser durchaus selbst in diesem Ausschuss Impulse setzen könne.

Antrag abgelehnt

Die Abstimmung endete mit der Ablehnung des Antrages, wobei fünf Stadtratsmitglieder für die Auflösung stimmten.

Ein Punkt, der als reine Information ausgewiesen war, führte zu ausufernden Diskussionen. Es ging um die Fortschreibung des Baulücken- und Leerstands-Katasters. Stadtbaumeister Gerhard Pülz stellte dazu die Zahlen vor, aus denen hervorgeht, dass es zum Jahresende 2022 im Stadtgebiet 480 leer stehende Wohnungen gab – ein Zuwachs gegenüber dem Referenzjahr 2020 um 69 Prozent. Auch stellte er dar, dass es 877 Wohngebäude gab, in denen nur eine Person wohnt. Darunter seien auch teilweise Mehrfamilienhäuser. Die Bewohner seien zumeist ältere Menschen.

Mangel an Wohnungen

Diese Zahlen nahm Monika Faber (SPD) zum Anlass, ihre Sichtweise darzulegen. Das Problem sei, dass es in Lichtenfels keine kleinen bezahlbaren Wohnungen gebe, in die diese Älteren umziehen könnten und damit den dringend benötigten größeren Wohnraum für Familien freigeben könnten. Man müsse, so Faber, das nutzen, was da sei, anstatt immer wieder neue Baugebiete auszuweisen. Auch sei, und das müsse jedem klar sein, die Situation durch die gestiegenen Zinsen dergestalt, dass sich kaum noch einer leisten könne, ein Haus zu bauen.

Bürgermeister Andreas Hügerich wies mehrmals darauf hin, dass hier nur die nackten Zahlen präsentiert worden seien, die jeder anders interpretiere.

Dr. Susann Freiburg (Grüne) stimmte Monika Faber zu und stellte gleichzeitig die Frage, ob das Baugebiet in Isling wirklich nötig gewesen und ob dieses nicht sogar förderungsschädlich für Innenstadt/Außen sei. Diese Frage irritierte Bürgermeister Hügerich sichtlich; er wies darauf hin, dass alles abgesegnet sei. Roland Lowig (WLJ) hielt Dr. Freiburg entgegen, dass das Baugebiet zu großen Teilen bereits erschlossen und auch bebaut sei. Er wies auch darauf hin, dass die Bundespolitik, unter anderem durch die Grünen, jedem Hausbesitzer und -bauer immer mehr Belastungen auferlegt würden. Hügerich musste hier einschreiten und bat, die Bundespolitik aus dem Spiel zu lassen.

Auf den Hinweis von Monika Faber, dass so manch leer stehendes Grundstück rein zur Spekulation diene, sagte Robert Gack (CSU), dass von diesen Grundstücken sehr viele für Kinder und Enkel zurückgehalten würden, also nicht damit spekuliert werde.

Fruchtlos

Die Diskussion, die letztlich fruchtlos blieb, schien kein Ende zu nehmen und eskalierte weiter, als Monika Faber anregte, über die Bebauungspläne nachzudenken, um anstatt Einfamilienhäusern nur noch Doppelhäuser zu bauen. Dies würde eine Zunahme der möglichen Wohneinheiten von etwa 60 Prozent bedeuten.

Dr. Freiburg wies auch darauf hin, dass ältere Menschen teilweise nicht in der Lage wären, sich selbst um eine kleinere Wohnung zu kümmern. Das brachte Uwe Held (CSU) dann zu der Äußerung, dass viele der älteren Menschen nicht aus ihren Wohnungen und der Umgebung wollten. „Mama, Papa, Oma, Opa … ich nehme an, auch Sie haben so etwas“, adressierte er an Dr. Freitag, „die wollen in ihrer angestammten Umgebung bleiben, in der sie seit zig Jahren leben.“

Elke Werner (SPD) bracht die Diskussion letztlich auf den Punkt. „Irgendwie hat jeder Recht“, befand sie. „Es ist an allem was dran, was hier gesagt wurde. Wir müssen halt versuchen, das Richtige für jeden bereitzustellen.“

Aus dem Stadtrat

• Die Bauleistungen für den Neubau des Hochbehälters Seubelsdorf, Bautechnik und Abdichtung wurde an die Otto Mühlherr Baugesellschaft mbH in Küps zum Angebotspreis von 1.769.427,65 Euro brutto vergeben.

• Dem Rechnungsergebnis der Stadt Lichtenfels sowie der Wohltätigkeitsstiftung für das Jahr 2022 mit Rechenschaftsbericht und Genehmigung von Budget-Resten für die Schulen wurde einstimmig zugestimmt.

• Der Stiftungsbeirat der Maiacher Stiftung musste nach dem freiwilligen Ausscheiden der Bei0rätin Dr. Inge Hackenberger neu besetzt werden. Der Stadtrat schloss sich einstimmig dem Vorschlag der Verwaltung an und ernannte Monika Faber zur Beirätin.

• Im Nachgang zum abgelehnten Antrag auf Auflösung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Tourismus legte die SPD einen Antrag auf Umbesetzung vor, der einstimmig angenommen wurde.

• Dem Beschlussvortrag auf Erstellung eines interkommunalen integralen Hochwasserschutz- und Rückhaltekonzeptes für das Gewässersystem Scheidsbach/Ziegengraben wurde zugestimmt.

• Dem Widerruf zur Bestellung zur Standesbeamtin von Stephanie Bezold wurde ebenso wie der Neubestellung von Johannes Zeis stattgegeben.

• Der Stadtrat stimmte auch der Erhöhung der Gebühren für die Preise für Angler am Ortswiesensee zu. Ab dem Jahr 2024 betragen die Kosten für eine Tageskarte 15 statt bisher zehn Euro, die Wochenkarte kostet 35 statt 25 Euro, die Jahreskarte wird mit 100 Euro statt 80 Euro zu Buche schlagen. Für Jugendliche kosten sie jeweils die Hälfte.

• Auf die Anfrage von Roland Lowig (WLJ), wie weit man mit den Planungen für die Schule in Roth und dem Obdachlosenheim sei, wurde mitgeteilt, man sei in der Abstimmungsphase.

• Eine Anfrage von Heike Kunzelmann (AfD) sorgte teilweise für Kopfschütteln. Sie habe, so Kunzelmann, auf einer Internetseite einen Spendenaufruf zum Kauf einer Moschee in Lichtenfels gesehen. Bei dem Gebäude, um das es dort ginge, handelt es sich um das ehemalige Innovationszentrum in Lichtenfels im Schneidmühlenweg. Sie bat den Bürgermeister um eine Stellungnahme. Er führte aus, dass er als Vorsitzender des Vereins keine Auskunft über nicht-öffentliche Entscheidungen geben dürfe. Das Gebäude sei zum Verkauf ausgeschrieben, das sei allgemein bekannt. Weitere Auskünfte könne er derzeit öffentlich nicht geben.

• Robert Gack (CSU) fragte, ob denn die Parkautomaten am Ortswiesensee defekt seien. Er habe mehrere Fahrzeuge ohne Parkscheine gesehen. Ob denn die Überwachung dort noch stattfände, wollte er wissen. Gerhard Pülz erwiderte, dass es wohl Spaßvögel gebe, die immer wieder ein „Defekt“-Schild anbrächten. Die Parkraumüberwachung dort würde auch nur sporadisch erfolgen, aber man würde es beobachten.

Von Werner Diefenthal

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