Die Stadt Lichtenfels wird dem regionalen Planungsverband Oberfranken-West vier neue Vorranggebiete für Windenergienutzung melden. Das beschloss der Stadtrat am Montagabend in der Stadthalle. Vorausgegangen war eine längere Diskussion, bei der nicht nur die Eignung der auszuweisenden Flächen, sondern – wie schon in der Bauausschusssitzung Ende November – auch der Nutzen von Windkraft generell in Zweifel gezogen worden ist.
Doch wie Erster Bürgermeister Andreas Hügerich (SPD) bereits im Bauausschuss – der mit großer Mehrheit für die Vorranggebiete votiert hatte – erneut eindringlich erklärte, gehe es bei der Entscheidung nicht darum, ob man Windräder nun mag oder nicht. „Es geht um die Bauleitplanung.“ Der Planungsverband habe die Kommunen aufgerufen, Gebiete bis Ende des Jahres zu melden. „Und wenn Lichtenfels aufgerufen wird und wir melden nichts, dann werden die uns Gebiete für die Windkraft melden. Haben wir aber Flächen ausgewiesen, zeigen wir, dass wir unsere Hausaufgaben erledigt haben“, so Hügerich.
Er räumte ein, dass er Bedenken der Bürger zum Thema Windkraft verstehen könne, lobte aber auch die ausgewiesenen vier Gebiete, die gut übers Stadtgebiet verteilt und fern jeder Wohnbebauungs ausgewiesen worden seien. Letztlich sollen Flächen im Lichtenfelser und Langheimer Forst sowie bei Lahm und Oberlangheim gemeldet werden.
Während Uwe Held (CSU) seine bereits im Bauausschuss geäußerte Ablehnung der Windkraft mit gerodeten Bäumen, toten Vögeln, Fledermäusen sowie einer vermeintlichen Infraschallbelastung begründete, störte sich Dr. Susann Freiburg an der Auswahl der Vorrangflächen. „Wir melden nur Stückwerk und fänden es sinnvoll, sich auf ein Gebiet zu konzentrieren“, so die Grünen-Fraktionsvorsitzende, die gleichzeitig hervorhob, dass Windkraft notwendig sei und viele Chancen biete.
Nicht geeignet sind ihrer Meinung nach die Mischwälder im Lichtenfelser und Langheimer Forst, die als Klimasenken CO2 speichern würden und für den Erhalt der Artenvielfalt wichtig seien. Sie schlug vor, bei Oberlangheim eine größere Fläche zu nennen und hier eine Vernetzung mit Bad Staffelstein anzustreben. Dabei solle natürlich die Bevölkerung auf dem Jura, dem „windhöffigsten Gebiet der Stadt“, mitgenommen werden. „Die Windkraft ist eine Chance für die Menschen, wenn wir die Wertschöpfung vor Ort erzielen.“
Windkraft traditionell im Norden Deutschlands genutzt
Hier hakte Roland Lowig (WLJ) nach, der von ihr wissen wollte, ob diese die Bürger auf dem Jura schon einmal gefragt hätte, wie es mit deren Akzeptanz für die Windkraft aussehe. „Ich glaube nicht, dass Sie das getan haben“, meinte der Islinger Stadtrat und verwies darauf, dass die Windkraft traditionell seit jeher eher im Norden Deutschlands genutzt worden sei statt im Süden. „Bei uns weht einfach kein solch starker Wind, dass man ihn nützen könne“, sagte Lowig weiter.
Schließlich wollte der Fraktionssprecher der WLJ wissen, wieso die Verwaltung den Stadtrat dränge, so schnell Vorrangflächen auszuweisen. Von anderen Kommunen im Landkreis höre er da nichts. Ein Punkt, den übrigens auch die Grünen-Sprecherin angesprochen hatte: Dr. Freiburg hatte erklärt, dass ihr auf Nachfrage mitgeteilt worden sei, dass die Meldung von geeigneten Gebieten durchaus noch nach dem 1. Januar 2023 möglich sei.
„Ich bin persönlich für Windräder, auch wenn die Mehrheit meiner Fraktion diese ablehnt“, sagte Dr. Christopher Bogdahn (FW). Er habe allerdings ein Problem mit dem Beschlussvorschlag und speziell den ausgewiesenen Waldgebieten. „Es macht keinen Sinn, einen Forst abzuholzen, um dann Windräder aufzustellen“, sagte er. Deswegen forderte er, die Wälder bei Buch und Klosterlangheim herauszunehmen und nur Flächen auf dem Jura zu melden: „Ansonsten lehne ich den Antrag ab!“

Oppel: „Frech, wie gegen den Jura geschürt wird“
„Ich finde es frech, wie jetzt hier gegen den Jura geschürt wird“, monierte Johannes Oppel (WLJ). Auf dem Jura gebe es auch Mischwald und den Uhu. Außerdem sei der Jura ein Wasserschutzgebiet. Im Übrigen halte er die Windkraft nicht für die geeignete Energie, denn man müsse nur einmal nach Wattendorf blicken, wo die Windräder 80 Prozent der Zeit still stehen würden.
An die Seite von Rathauschef und Verwaltung stellte sich Dr. Arnt-Uwe Schille (SPD): „Der Bürgermeister hat es doch erklärt: Wenn wir nichts melden, dann müssen wir die Anträge für Windräder annehmen.“ Gemeldete Flächen seien zu prüfen, ob hier Windräder hinsichtlich der Windgeschwindigkeit sinnvoll seien.
„Windräder bringen uns nicht weiter!“, meinte Heike Kunzelmann (AfD). Die Planung sei hoppladihopp gemacht worden, derweil viel Nachdenken von Nöten sei. Außerdem seien erneuerbare Energien nicht grundlastfähig, sagte sie und forderte eine namentliche Abstimmung. Dieser Antrag zur Geschäftsordnung wurde jedoch später von fast allen Stadträten abgelehnt.
Nun sprang auch Stadtbaumeister Gerhard Pülz seinem Bürgermeister zur Seite und wiederholte die Notwendigkeit der Ausweisung, „um sich das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen zu lassen“. Im Übrigen gehe es um zehn bis zwölf Windräder bei Buch und zwischen drei und fünf Windkraftanlagen bei den drei kleineren Vorrangflächen. Pülz: „Es geht nicht um die Sinnhaftigkeit der Windkraft, oder ob hier gefährdete Tiere leben. Die Naturschutzgesetze werden aufgeweicht, und es gibt Überlegungen, den Abstand zu Mischgebieten von 1000 auf 500 Meter zu reduzieren. Übrigens gelten Dörfer als Mischgebiete.“
Dr. Schmidt: „Viele falsche Informationen im Stadtrat“
Dr. Christine Schmidt (Grüne) bedauerte schließlich, dass es im Stadtrat bei den Themen Infraschall und der Gefahr für Vögel ganz viele falsche Informationen gebe. Und Christian Barth (JB) letztlich lobte den Bürgermeister, dass dieser die Fraktionen an der Suche nach den Vorrangflächen beteiligt habe.
Bleiben noch die Abstimmungen: Lediglich sieben Stadträtinnen und Stadträte waren dafür, über jede Fläche einzeln abzustimmen. So mussten die Mitglieder über den kompletten Vierer-Pack befinden und nahmen mit 17 zu neun den Vorschlag aus dem Bauausschuss an. Der Antrag von Dr. Freiburg, unverzüglich mit Bad Staffelstein eine Konzentrationsflächenplanung bei Oberlangheim einzuleiten, kam deswegen nicht mehr zur Abstimmung.
Von Steffen Huber