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LICHTENFELS

Sofja Gülbadamova gibt Konzert in Lichtenfels

Sofja Gülbadamova gibt beindruckendes Konzert in Lichtenfels
Auch Moderator Roberto Bauer war von dem Können und dem Wissen der gefeierten Pianistin Sofja Gülbadamova begeistert. Foto: Markus Häggberg

Sofja Gülbadamova hat mindestens zwei Talente. Am Sonntag gab sie beiden Raum. Mit dem pianistischen füllte sie die Synagoge als Resonanzraum, mit dem erzählerischen füllte sie das geöffnete Interesse der Zuhörer. So hatte man Darbietungen aus der Reihe „Weltklassik“ bis dato selten erlebt.

Der Vergleich mag hinken, aber Jimi Hendrix sagte einmal, er spiele lieber vor 50 Leuten als vor 50.000. Die in Moskau geborene Pianistin Gülbadamova hatte auch nur mit lediglich 20 Besuchern vorlieb zu nehmen. Aber es gab keinen Moment, in welchem bei ihr so etwas wie Enttäuschung und eine dadurch zurückgenommenere Spielweise feststellbar war. Was sie den Werken von Brahms und d'Albert abrang, war kraftvoll, mitreißend und wurde vom Publikum intensiv empfunden.

Bestes Beispiel für all das bot d'Alberts Suite in d-Moll für Piano, in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts entstanden. Schon die wunderbare Temperiertheit des Auftakts sollte das Zeichen dafür setzen, dass die Moskauerin in der Lage ist, alle weiteren Bilder aus dem Zyklus innerhalb der Suite in jedweder geforderten Angemessenheit zu bemeistern, egal wie viel Getragenheit oder Presto gefordert war.

Ihr Spiel hallt im Gemüt nach

Doch auch das, was als Agogik zwischen diesen Dingen lag, also die rhythmischen Figuren, die Tempowechsel und die Färbungen des Ausdrucks, waren hörens- und erlebenswert. Doch es war noch ein anderer Moment, der nachhallend blieb. Es war jener, in welchem Gülbadamova nach Verklingen des letzten Tons der Suite würdevoll vom Flügel aufstand, so, als ob das Werk nun im Gemüt der Besucher nachzuhallen habe.

Abgesehen davon, dass die Ausnahmepianistin, deren Spiel von der Presse für „poetische Schönheit“ gelobt wird, mittels Musik zu unterhalten wusste, tat sie es auch mittels Worten. Sie nahm sich Zeit, in d'Alberts und Brahms Epoche und zu ihnen zuzusteigen, Zusammenhänge und Lebensumstände zu beleuchten. Was der Künstlerin dabei wichtig war, richtete sie als Bitte ans Publikum: „Aber bitte, vergleichen Sie nicht, es gibt nur einen Brahms und einen d'Albert.“

Sie erzählt auf fesselnde Weise

In einem Fall unterschieden sich die beiden Männer grundlegend. Denn während Brahms unverheiratet blieb, machte d'Albert sechsmal im Ehehafen fest. Er hätte es auch ein siebentes Mal getan, wenn es nicht dieses Gesetz gegeben hätte, wonach man sich höchstens fünf Mal scheiden lassen durfte.

Von all diesen Dingen wusste die Künstlerin fesselnd zu erzählen. Es sollte sich weit nach dem Konzert noch ein kleiner Zuhörerkreis um sie bilden, für dessen Fragen und Nachfragen sie sich Zeit zu Antworten nahm. Auch so gesehen bildete das Konzert am Sonntag eine Besonderheit, wurde es doch eine Melange aus Noten und Worten.

Von MARKUS HÄGGBERG

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