Es wurde lebhaft diskutiert, zeitweise war man nahe am Tumult. Im Stadtrat ging es am Montag um das Thema Regionalwerk Obermain. Dabei war die Beschlussfassung im Grunde genommen simpel. Beteiligt sich die Stadt Lichtenfels prinzipiell daran oder nicht? Im ersten Schritt handelt es sich dabei um eine Anschubfinanzierung von 303.075 Euro in fünf Jahren, also 60.615 Euro pro Jahr, die als Finanzmittel zur raschen Aufnahme der Geschäftstätigkeiten des Regionalwerks durch einen Vorstand zur Verfügung gestellt werden sollten.
„Jede Kommune kann Projekte vorschlagen. Und wer mag, beteiligt sich im Rahmen
seiner finanziellen Möglichkeiten.“
Andreas Grosch,
Landratsamt
Die Klimaschutz-Beauftragte des Landkreises, Anika Leimeister, und Andreas Grosch vom Landratsamt stellten das Regionalwerk vor und erläuterten anhand von fiktiven Beispielen, wie ein solches funktionieren und am Ende Gewinn erwirtschaften könne. „Jede Kommune kann Projekte vorschlagen. Und wer mag, beteiligt sich im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten“, so Andreas Grosch. Vorteil: Energieerzeugung vor Ort. Die Wertschöpfung bliebe im Landkreis. Aber auch andere Betätigungsfelder wären möglich, so eine Gesellschaft für das Betreiben der Breitbandanschlüsse, Wohnungsbau und vieles mehr.
Verwunderte Blicke
Doch gerade die Projektplanung, die beispielhaft vorgestellt wurde, stieß einigen Stadträten sauer auf. Für jedes Projekt, so Grosch, würde eine GmbH & Co. KG gegründet. In Beispiel-Rechnungen wurden fiktive Projekte, die Finanzierung und vieles mehr dargestellt. Das brachte Heike Kunzelmann (AfD) auf die Barrikaden. „Wir reden hier von rund 50 Millionen, die vom Steuerzahler aufgebracht werden müssen“, stellte sie in den Raum, was verwunderte Blicke nach sich zog. Ihr waren die gesamten Informationen zu dürftig.
Roland Lowig (WLJ) stemmte sich gegen das Regionalwerk. „Sollen hier Grundstücke gekauft werden, die dann irgendwann verkauft werden?“, fragte er und plädierte für eine Vertagung. Es würden, so Grosch, Verhandlungen über mögliche Verpachtung geführt, niemand müsse verkaufen oder würde enteignet.
Einigen Stadtratsmitgliedern schien nicht klar zu sein, worüber man debattierte. So diskutierte man über Fragen der Projekte, die es noch gar nicht gibt, machte den zweiten Schritt vor dem ersten. Bürgermeister Andreas Hügerich musste mehrmals klarstellen, dass es nicht um Projekte gehe, sondern nur um den Grundsatzbeschluss für die Gründung.
Totales Unverständnis
Auf totales Unverständnis stieß das Regionalwerk bei Robert Gack (CSU). „Ich habe versucht, das alles zu lesen, aber ich bin nicht durchgestiegen. Mir ist das alles zu schwer, ich will mehr und bessere Informationen“, war seine Aussage. „Wie wird der Gewinn denn nun berechnet? Kriegt am Ende jeder das Gleiche?“, wollte er wissen. Die Höhe, so Anika Leimeister und Andreas Grosch, berechne sich nach der Höhe der Einlage.
Frank Rubner (CSU) fragte, wie viele Windräder man sich denn überhaupt leisten könne. Auch das war eine Frage, die in der Beschlussfassung nicht zur Debatte stand. „Können wir nicht nur für das erste Jahr das Geld freigeben und dann noch einmal schauen, wie es nächstes Jahr aussieht?“, schlug er vor. „Und wie ist das mit den Stimmrechten? Es ist doch unfair, wenn die, die mehr Geld einbringen, genau so viele Stimmen haben wie die, die weniger einbringen.“
Mit Engelsgeduld
Mit einer Engelsgeduld erklärten Leimeister und Grosch immer wieder, worum es beim Regionalwerk geht. „Die Stimmanteile werden, wie die Finanzanteile, gewichtet. Bei einer Gesamtsumme von 1,5 Millionen Euro ergibt das genauso viele Stimmen, Lichtenfels hat also rund 300.000 Stimmen.“
Philipp Molendo (Junge Bürger) sicherte hingegen die Unterstützung durch seine Fraktion zu. „Kleine Gemeinden haben durch dieses Regionalwerk Vorteile, aber auch Lichtenfels kommt an seine Grenzen“, so seine Aussage.
Sven Eisele (SPD) brachte es in einem ausführlichen Statement auf den Punkt. „Wir haben den Klimawandel. Und wir müssen hier vor Ort handeln. Wir beraten hier über einen Grundsatzbeschluss, nicht über irgendwas, was vielleicht mal kommt.“ Für ihn ist klar, aus Solidarität und um die Energiewende voranzubringen, ist der Einstieg unumgänglich. „Wir reden hier über 60.000 Euro pro Jahr in fünf Jahren. Andere, wesentlich teurere Projekte wurden hier einfach so durchgewunken.“
Ähnlich sehen es auch Dr. Susann Freiburg (Grüne), Monika Faber (SPD) und Emmi Zeulner (CSU). Es wurde daher auch das Ende der Debatte beantragt, als noch drei Wortmeldungen vorlagen. Diese Meldungen wurden dann noch zugelassen.
Reiner Grundsatzbeschluss!
Roland Lowig war immer noch nicht zufrieden und erinnerte an einen Vorfall, bei dem Müll auf einem Gelände abgelagert worden war und der Eigentümer die Entsorgung bezahlen musste. Erneut musste erläutert werden, dass es um einen reinen Grundsatzbeschluss ginge und nicht darum, ob und wo was gebaut würde. Diese Fragen würden dann während der Projektplanung im Einzelnen diskutiert und beantwortet, da man diese nicht allgemein beantworten könne. „Aber, um ihre Frage zu beantworten: Am Ende haftet da der Betreiber“, erwiderte Andreas Grosch auf die Frage Lowigs.
Auch Heike Kunzelmann war weiterhin unzufrieden. Sie beantragte eine namentliche Abstimmung zu dem Thema, denn schließlich ginge es hier um viel Geld. Dieser Antrag wurde abgelehnt.
Am Ende kam es dann doch zu einer Beschlussfassung. Mit vier Gegenstimmen wurde dem Beitritt zum Regionalwerk Obermain zugestimmt. Jetzt fehle, so Andreas Grosch, nur noch Bad Staffelstein. Aber man hoffe, dass auch der dortige Stadtrat in der nächsten Sitzung zustimme.
Vergaben
Folgende Vergaben wurde aus den nicht-öffentlichen Sitzungen bekannt gegeben:
• Die Kanal- und Straßenbauleistungen zum Ausbau der Bayernstraße/Pfälzerstraße wird an die Firma STL, Sonneberg, zum Angebotspreis von 1.050.219,93 Euro (brutto) vergeben.
• Die Planungsleistungen zur Erstellung eines integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (ISEK) und zur Vorbereitenden Untersuchung (VU) für die Sanierungsgebiete 1 und 2 wurde an das Planungsbüro UMS GmbH in Leipzig zum Angebotspreis von 153.270,57 Euro (brutto) vergeben.
• Abschluss eines Leasingvertrages für die Beschaffung eines Mercedes-Benz Atego (LKW-Kipper mit Winterdienst-Ausrüstung) mit der Sparkasse Coburg-Lichtenfels / Deutsche Leasing zum Angebotspreis von 152.643,68 Euro (brutto).
• Abschluss eines Leasingvertrages für die Beschaffung einer Winterdienst-Kombination, bestehend aus Trägerfahrzeug, Schneepflug und Streuautomat mit der Sparkasse Coburg-Lichtenfels / Deutsche Leasing zum Angebotspreis von 369.461,68 Euro (brutto).
Von Werner Diefenthal