Es ist nicht wirklich neu. In vielen Gemeinden ist der Teen Court bereits etabliert und wird dort abgehalten. Doch was ist der Teen Court genau? Aufschluss gab eine Infoveranstaltung der Caritas am vergangenen Mittwoch.
In Anlehnung an die bereits seit langem in den USA bestehenden Teen Courts wurden diese nun auch in Deutschland eingeführt. Im Auftrag der Staatsanwaltschaft werden vor diesen „Schülergerichten“ Straftaten Jugendlicher behandelt. Mit den Straftätern wird dort über die begangenen Verfehlungen gesprochen und letztlich ein „Strafmaß“ festgelegt. Dieses besteht in den meisten Fällen in erzieherischen Maßnahmen, wie etwa soziale Stunden, Aufarbeitung des Geschehens in Aufsätzen, Videos oder ähnlichem und gegebenenfalls in Wiedergutmachung eines Schadens.
Bei den Straftaten handelt es sich zumeist um kleinere Delikte. Gewaltverbrechen, Drogen oder Schwerkriminalität wie Körperverletzung werden dort nicht behandelt.
Federführend

Unter der Federführung der Caritas wird jetzt auch in Lichtenfels ein solches Gremium eingerichtet. Dazu hatten die Verantwortlichen Schülerinnen und Schüler, die sich beteiligen wollen, sowie die Eltern zu einem Informationsabend in das Haus der Kirchlichen Dienste eingeladen. Leider waren an diesem Abend weder Vertreter der Staatsanwaltschaft noch der Polizei vor Ort, um Fragen abklären zu können. Deshalb mussten die Vertreter der Caritas diese Rolle übernehmen, soweit es ihnen möglich war.
Federführend wird die Staatsanwaltschaft Coburg sein. Bei der Caritas ist der Teen Court in dem seit Oktober 2010 bestehenden Projekt „Meilenstein“ beheimatet.
Trainingstage erforderlich
Die Leiterin des Projektes, Andrea Zellmer, stellte in ihren Ausführungen heraus, dass zur Teilnahme am Teen Court die Absolvierung der Trainingstage zwingend notwendig sei. „Wir sind überwältigt über die positive Resonanz und die vielen Anmeldungen“, sagte sie und fügte an, man habe daher zwei Gruppen bilden müssen.
Die Trainingstage der ersten Gruppe finden im September statt, die der zweiten Gruppe folgen im Februar 2024. Am ersten Tag stehen das Kennenlernen sowie eine Selbstreflexion der Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt, unterstützt mit Input der Polizei. Am zweiten Tag schult die Staatsanwaltschaft mit Rollenspielen und Fallbeispielen die Teilnehmenden.
Die rund 70 Gäste hatten am vergangenen Mittwoch im Anschluss einige Fragen, die soweit möglich beantwortet wurden. Wichtig war es den Eltern, ob für die Teilnehmer Gefahr bestehe und möglicherweise Repressalien zu erwarten seien. Andrea Zellmer stellte heraus, dass es sich bei den dort zu behandelnden Fällen nicht um Verbrechen gehe, die von der Staatsanwaltschaft behandelt werden. „Die Fälle, die wir dort besprechen, sind keine Gewaltverbrechen. Diese fallen weiterhin in die Verantwortung der Staatsanwaltschaft.“
Auch die Anzahl der zu behandelnden Fälle war für die Eltern von Bedeutung. Hier musste Andrea Zellmer Abstriche machen. Man habe nur verlässliche Zahlen aus Lichtenfels direkt. Bei den anderen Landkreisen könne man nur schätzen. „Ohne Gewähr würde ich den Aufwand auf circa 50 Fälle pro Jahr angeben.“ „Müssen die Kinder aus der Schule fernbleiben, wenn es zum Teen Court geht? Und gibt es da eventuell eine Befreiung?“, lauteten weitere Fragen. Geplant, so Zellmer, seien die Sitzungen freitags ab 13 Uhr.
Mit den Schulen werde über eine mögliche Befreiung noch geredet, wenn es für die Schülerinnen und Schüler wegen der die öffentlichen Verkehrsmittel nötig werde, früher zu gehen. Stattfinden sollen die Gespräche in den Räumen der Caritas in Lichtenfels. Aber es sei auch denkbar, bei Bedarf andere Räumlichkeiten in anderen Orten zu wählen. Aber all das müsse sich erst einspielen.
Auch Fragen zum genauen Ablauf gab es. Dieser wurde erläutert. Die Polizei selektiert die entsprechenden Fälle und tauscht sich mit der Staatsanwaltschaft aus. Diese entscheidet, ob das Teen Court sich des Falles annehmen soll und leitet die entsprechende Akte weiter. Dort werden bei den Sitzungen gemeinsam mit den Straftätern Gespräche geführt, wird letztlich das mögliche Strafmaß festgelegt. Gesteuert und kontrolliert wird das dann von der Caritas.
Verschwiegenheitserklärung
„Bevor es losgeht, müssen die Jugendlichen noch eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben“, erläuterte Andrea Zellmer. Da es sich um jugendliche Straftäter handelt, sind hier vom Gesetzgeber auch klare Regeln zu beachten, welche auch den Schutz der Familien der straffällig gewordenen Jugendlichen einen Schutz zusprechen. Diese sind zu beachten.
„Eines ist noch sehr wichtig“, so Zellmer am Schluss. „Wir vermeiden, dass jemand über einen straffällig gewordenen Jugendlichen aus dem persönlichen Umfeld im Teen Court urteilen muss.“ Damit sollen mögliche Interessenkonflikte vermieden werden.
Und eines gab sie den Jugendlichen noch mit auf den Heimweg: „Ihr mögt vielleicht ein bestimmtes Verhalten nicht gutheißen, aber dennoch kann die gesamte Persönlichkeit gut sein.“
Von Werner Diefenthal