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LICHTENFELS

Lesung mit Carina Wohlleben am Meranier-Gymnasium

Der Schein trügt: Trotz Kostümierung wurde aufmerksam zugehört und hinterher diskutiert. Foto: Werner Diefenthal

Es ist schon Tradition am Meranier-Gymnasium Lichtenfels, Autorenlesungen zu veranstalten. So auch in diesem Jahr. Doch statt nur zuzuhören, war mitmachen und diskutieren angesagt. Carina Wohlleben las nicht aus ihrem Buch vor, sondern erzählte von ihrem Leben, von ihrer Einstellung und wie sich diese im Laufe der Jahre geändert hat. Unter dem Motto „Die Welt ist noch zu retten“ erläuterte sie ihre Sicht der Dinge, die sie auch im gleichnamigen Buch beschrieben hat.

Carina Wohlleben arbeitet als veganer Ernährungscoach

Die Autorin arbeitet als veganer Ernährungscoach und betreibt einen Foodblog. Aufgewachsen als Tochter eines Försters in Waldnähe kennt sie aus Kindheitstagen noch die Selbstversorgung aus dem eigenen Garten. Und auch, dass man Tiere schlachtet, um sie zu essen. „Wir hatten viele Kaninchen, das hat mir nicht viel ausgemacht. Aber bei den Ziegen, die wie Hunde waren, konnte ich das Fleisch nicht essen.“

Ihr Umkehrpunkt in Sachen Ernährung kam 2018 nach der Geburt ihres ersten Kindes. „Mein Mann und ich haben uns gefragt, was für eine Welt wir unseren Kindern hinterlassen wollen. Und ab da haben wir unsere Ernährung schrittweise umgestellt, leben seit vier Jahren vegan.“

Ausführlich, aber ohne erhobenen Zeigefinger zeigte sie auf, wie es um die Ernährung und die Umweltauswirkungen bestellt ist. „Bio ist nicht des Rätsels Lösung“, erläuterte sie.

Wohlleben zeigte Bilder des brennenden Regenwaldes in Brasilien. „Weiß jemand, warum der gebrannt hat?“, fragte sie in die Runde der Jahrgangsstufen 11 und 12. Damit eröffnete sie den Mitmachteil. Zögerlich kam die Antwort. „Damit hat man mittels Brandrodung Ackerfläche

In der Tat war dies so, und auf diesen Feldern würden seitdem Futtermittel angebaut für die Massentierhaltung. Mit eindrucksvollen Zahlen belegte die Referentin ihre Behauptung. „Wenn man die Biomasse der Säugetiere auf der Erde betrachtet, so ist der Anteil an Nutztieren 60 Prozent, 36 Prozent hat der Mensch inne und nur vier Prozent sind Wildtiere.“ n geschaffen.“

„Wenn man die Biomasse

der Säugetiere auf der Erde betrachtet, so ist der Anteil an Nutztieren 60 Prozent,

36 Prozent hat der Mensch inne und nur vier Prozent

sind Wildtiere.“

Carina Wohlleben, Autorin

Und damit lasse sich auch der Verbrauch an landwirtschaftlichen Flächen aufzeigen. Allein in Europa würden 70 Prozent dieser Flächen für den Anbau von Viehfutter genutzt.

Ihre Ausführungen gingen noch weiter, doch die Frage blieb: Was kann man tun? - „Lieber Freiwilligkeit als Zwang“, so ihre Meinung. „Ich erwarte nicht, dass ihr alle jetzt sofort auf Fleisch und Wurst oder andere tierische Produkte komplett verzichtet. Das wäre absolut unrealistisch.“ Stattdessen rief Carina Wohlleben dazu auf, sein eigenes Konsumverhalten zu überdenken. „Man muss nicht jeden Tag Fleisch essen“, meinte sie.

Weitere Folgen der Massentierhaltung

Dann zeigte sie weitere Folgen der Massentierhaltung auf. „Heute werden den Tieren Antibiotika verabreicht, und zwar auch solche sogenannten Reserve-Antibiotika, die eigentlich für Menschen vorgesehen wären. „Durch die Verabreichung werden Keime irgendwann resistent, wie man ja immer wieder lesen kann, was in den Krankenhäusern passiert. Und mit diesen Reserve-Antibiotika soll dann eigentlich geholfen werden, wenn nichts anderes mehr funktioniert. Doch wie soll es das, wenn auch diese den Tieren gegeben wurden.“

Dennoch bleibt sie dabei: Freiwilliger Verzicht sei das probate Mittel. Sie zählte dazu Beispiele auf. Wie beispielsweise Second Hand für Kleidung, auch mal auf Flugreisen verzichten, weniger Fleisch, regionale Produkte, Recyclingpapier etc.

Fragerunde: Zahlen, die ihre Wirkung nicht verfehlen

Im Anschluss stellten die interessiert zuhörenden Schülerinnen und Schüler ihre Fragen. Ob es denn sinnvoll sei, das Vitamin B12, dass durch Fleisch zu sich genommen wird, durch Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen, fragte eine Schülerin. „Nun, sicher ist es vielleicht im ersten Moment seltsam, aber wenn man sieht, wie das Vitamin in das Tier kommt, ist die Frage eigentlich beantwortet“, sagte sie lächelnd. Denn auch dem Tier werde es künstlich gegeben.

Ein Schüler fragte, ob es nicht eigentlich kontraproduktiv sei, Soja für die Herstellung von Fleischersatz anzubauen, denn damit würde ja auch wieder Ackerfläche genutzt. „80 Prozent der Flächen werden für den Anbau von Futtermitteln verwendet, lediglich 20 Prozent dienen der Erzeugung von Nahrung für den Menschen.“ Zahlen, die ihre Wirkung nicht verfehlten.

Am Ende stand für alle fest, dass jeder seinen Teil leisten kann. „Es ist im Grunde genommen eine Frage der Ethik, ob ich ein ehemals lebendes Tier essen möchte“ so das persönliches Resümee der Autorin. „Aber auch die Politik kann einiges dafür tun, um den Wandel zu beschleunigen.“ Die Mehrwertsteuer auf Fleisch und tierische Produkt müsse erhöht werden, dafür auf Soja und andere Ersatzstoffe gesenkt, um diese für die Verbraucher billiger und damit attraktiv zu machen.

Ein interessanter Vortrag, der gerade am Meranier-Gymnasium als „Umweltschule in Europa/Internationale Nachhaltigkeitsschule“ auf fruchtbaren Boden fiel.

Deutsch-Lehrerin Stefanie Rödel, Autorin Carina Wohlleben (v. li.) und Schulleiter Thomas Carl. Foto: Werner Diefenthal
Auch nach dem Vortrag beantwortete Carina Wohlleben die Fragen geduldig. Foto: Werner Diefenthal

Von Werner Diefenthal

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