Der Ökologischen Bildungsstätte Mitwitz ist es mit ihrer Tagung „Lebendige Offenlandschaft“ gelungen, weit über die Region hinaus auf bundesweiter Ebene zu wirken. Zahlreiche hochkompetente Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus verschiedensten Bereichen des Lebens waren vor Ort im Wasserschloss und sehr viele waren online aus ganz Deutschland dabei. Sie kamen quer gemixt aus allen Bundesländern, Berufsfeldern und Einrichtungen.
„Vom produzierenden Landwirt und Jagdpächter vor Ort über verschiedenste Fachbehörden bis hin zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Ministerien. Ein richtig bunter, breiter Kreis von Teilnehmerinnen und Teilnehmern“, freute sich Dr. Andrè Maslo von der Ökologischen Bildungsstätte Oberfranken.
Die meisten Maßnahmen brauchen Zeit, bis sie ihre volle Wirksamkeit zeigen, wurde in den Vorträgen und Diskussionen deutlich. Blühflächen für Vielfalt und Energiegewinnung: Mehr biologische Vielfalt und Nutzen für die Biogasproduktion sind mit richtigen Blühmischungen zu erreichen, erläuterte Kornelia Marzini von der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau. Gute Erfahrungen gibt es mit dem „Hanfmix.“ Stauden liefern hier viel Biomasse. Die Hanfbeimischung verdoppelt die Ertragslage. Einmal gemäht im Juli kommt es zu einer Nachblüte im September. Es kommt zu einer Zunahme der Bruterfolge bei Feldlerchen, Grauammer und Braunkehlchen, Sumpfrohrsänger und Dorngrasmücke. „Die Tiere finden hier einen Lebensraum.“
Bei Trockenheit gibt es aber ab Ende Juni keine Blüten mehr. Beim „Präriemix“ werden nordamerikanische Samen beigemischt, die schon im Januar ausgebracht werden. Diese beginnen erst richtig schnell zu wachsen, wenn die heimischen Pflanzen abgeschlossen haben. So entsteht keine Blühlücke, ein durchgängiger Lebensraum. Es gibt noch mehr Insekten und somit mehr Nahrung für viele Tiere. Diese Mischung muss im Herbst für die Biogaserzeugung geerntet werden, dann gelangen auch keine nichtheimischen Samen in die Natur.
Mit dem „Hanfmix“ können sechs bis 24 Tonnen Trockenmasse pro Hektar für die Biogasanlagen geerntet werden. Dabei werden meist ungünstigere Böden genutzt. Ein Landwirt brachte dies auf einem guten Boden aus und hatte einen Ertrag von 33 Tonnen Trockenmasse je Hektar. Der „Präriemix“ liefert um die elf Tonnen Trockenmasse je Hektar und kommt wegen der tieferen Wurzeln besser mit Trockenheit zurecht. Mais leidet mehr unter Trockenheit.
„Blühmischungen sind leistungsfähig und konkurrenzfähig auch als Grundlage für Biogaserzeugung“, betonte Kornelia Marzini. Zunehmend stellen Landwirte bessere und ertragreichere Böden hierfür zur Verfügung.
Beispiel Feldhamster: Schutzmaßnahmen im Thüringer Becken wirken sehr positiv, erläuterte Alexander Weiß von der Stiftung Lebensraum Thüringen. Die zunehmende Trockenheit ist für sie wie für viele Wildtiere ein Problem. Feldhamster sind abhängig von der Taubildung und die fällt für immer längere Zeiträume aus. Von geschaffenen Wasserstellen profitieren derzeit viele Wildtiere.
Rückgang bei Feldvögeln: Die Mechanismen des Rückgangs bei den Feldvögeln müssen genau erkundet werden, erklärte Dr. Eckhardt Gottschalk von der Georg-August-Universität Göttingen. Er berichtete von einer Studie, für die 200 Rebhühner mit Sendern ausgestattet wurden. Eine hohe Kükensterblichkeit von 25 Prozent hatte man erwartet. Aber dass rund ein Drittel des Nachwuchses nicht bis zum Schlüpfen überlebt, ist eine neue Erkenntnis. Meist erwischt es dann die Henne gleich mit. „Die Hennen werden oft im Nest gefressen.“ Eine Studie mit vielen Tierkameras weist darauf hin, dass wohl hauptsächlich Füchse Ursache sind. Sichere Nistplätze sind deshalb zentrales Element aller Schutzmaßnahmen. Bei der Feldlerche scheitert oft die zweite Brut. Lerchenfenster in Feldern werden vor allem für Nahrungssuche genutzt.
Erfahrungen aus England: Der aus der Schweiz stammende und in England lebende und arbeitende Dr. Francis Buner (Game and Wildlife Conservation Trust; im Internet gibt es viele Informationen) war einer der Referenten. Diese Organisation strebt eine blühende Landschaft an, die reich an Wild und anderen Wildtieren ist. Seit 80 Jahren leistet sie Naturschutzforschung.

Unordentliche Hecken bieten Lebensraum für viele Arten
Hier ist Francis Buner leitend als Rebhuhnexperte beim Partridge-Projekt in der Nordseeregion engagiert. Er machte auch deutlich, wie die durchaus auch gut gemeinten Eingriffe in die Natur unterschiedlichste Wirkungen haben können. Was für manche Arten vorteilhaft ist, kann für andere negativ sein. Aber dies war ja eine wesentliche Funktion dieser Tagung, mögliche Maßnahmen zu mehr Artenreichtum aus verschiedensten Blickwinkeln zu betrachten.
Artenreiche Hecken: Aus 27-jähriger Erfahrung bei der Heckenpflege berichtete Klaus Schmidt als passionierter Naturschützer und Jäger im Raum Wunsiedel. Zunächst erfolgte eine gezielte, selektive Pflege der vorhandenen Hecken. „Viele Hecken sind wertlos“, verwies er auf ordentliche, saubere Heckenanlagen. Allzu oft geschehe bei einer derartigen „Pflege“ eine Biotopzerstörung. „Unordnung dulden“ verlangte er. Dabei lobte er den landschaftspflegeverband und auch mit den Naturschutzbehörden könne gut zusammengearbeitet werden.
Die Probleme im Schulterschluss vor Ort und bundesweit angehen
„Der Schulterschluss ist wichtig“, betonte Dr. Andrè Maslo von der Ökologischen Bildungsstätte. „Besonders freut uns, dass uns der Spagat gelungen ist weg von den eher regionaleren Treffen der vergangenen Jahre zu einem deutlich größeren Kreis, ohne die Leute vor Ort zu verlieren.“ Die Leute, die hier mitarbeiten, können die Themen auf eine mindestens deutschlandweite Ebene tragen. „Das macht uns sehr stolz und es ist das, was wir erreichen wollten.“ Wichtig ist diese Brückenbauer- und Mittlerfunktion. Verschiedenste Interessengruppen kommen hier zusammen und erkennen bei allem konfliktpotential viel mehr Gemeinsamkeiten.
„Möchten Sie eine artenreiche lebenswerte Landschaft auch für ihre Kinder und Enkel? Wenn ich das frage stimmen alle zu.“ Es gibt unterschiedliche Meinungen, wie dies zu erreichen ist, aber das Grundziel haben alle. „Wir versuchen die Gemeinsamkeiten zu finden. Wenn es Unterschiede gibt suchen wir nach gangbaren Wegen für alle.“ Kompromisse sind gut. Auch wenn diese mal mehr in die eine oder andere Richtung gehen, irgendwie geht es so immer vorwärts. „Es ist absolut motivierend“, freute sich Annika Lange von der Ökologischen Bildungsstätte.
Von Rainer Glissnik