„980.“ Kreisbrandmeister Richard Dumsky muss gar nicht lange überlegen. „980 Maschinisten habe ich alleine in den Jahren von 2000 bis 2020 mit meinem Team ausgebildet. Und etliche weitere in den Jahren zuvor.“ Als Kreisschirrmeister war der Unterlangenstadter so etwas wie der Ober-Maschinist im Landkreis. Und er hat in seinen vielen Dienstjahren so einiges erlebt, was ihn wohl noch sein Leben lang begleiten wird.
Kreisschirrmeister: Dieser Titel ist erklärungsbedürftig. Dumsky trägt ihn seit März 2020, als er Nachfolger von Walter Tröster würde. „Neben der Ausbildung und Fortbildung von Maschinisten prüfe ich bei den Besichtigungen die Beladung und den Zustand der Fahrzeuge, von Reifendruck bis zu Pumpenstunden“, sagt er. Und dafür, dass die Ausrüstungsgegenstände vorschriftsmäßig gepflegt und gewartet werden.

Vorschriften gibt es viele in der Feuerwehr, nahezu alles ist genormt. Einige Beispiele: „Eine Pumpe muss im Jahr mindestens drei Stunden laufen, 15 Minuten pro Monat. Jedes Fahrzeug muss 780 Kilometer im Jahr fahren, 65 Kilometer pro Monat.“ Und, und, und.
Um bestmöglich für den Fall der Fälle vorbereitet zu sein
Richard Dumsky kennt die Vorschriften genau, ist aber deswegen noch lange kein Bürokrat oder Prinzipienreiter. „Ricci“ mag es manchmal genau nehmen, aber nur, um den Feuerwehrmännern und -frauen bestmögliche Voraussetzungen für den Ernstfall zu geben. Und solche Ernstfälle hat der gelernte Maschinenbauer und spätere Kranmonteur viele erlebt.
Die nahe Bahnstrecke und die Bundesstraße 173 haben die Feuerwehr Unterlangenstadt schon oft gefordert – und Aktive an ihre Grenzen gebracht. „Ich habe viele Suizide erlebt“, sagt Dumsky und spricht von einem grausigen Vorfall, als er mitgeholfen hat, den Mann mit einem riesigen Loch im Kopf von der Front der Lok zu holen. Eine nervliche Belastung sondersgleichen. Dann war da noch der schlimme Autocrash unweit von Obristfeld im Jahr 2001, als zwei Unfallopfer im Wrack verbrannten und insgesamt vier Personen starben. Der Motorradfahrer, der unter den Kalklaster geriet. Oder der Unfall morgens am Heiligen Abend, als ein Mann seinem Leben auf der B173 ein Ende bereitete, indem er auf den Tanklaster auffuhr, und plötzlich dessen Freundin an der Einsatzstelle auftauchte. „Das hast du lange in den Ohren“, sagt Dumsky knapp.

Seit 1977 ist Richard Dumsky bei der Feuerwehr, damals noch in Baunach. „Ich konnte es kaum erwarten, in die Feuerwehr zu gehen. Mich begeisterte die Technik. ich wollte außerdem helfen können“, sagt er. „Allerdings sagte der Kommandant zu mir: Beitreten kannst du erst, wenn du eine ganze Gruppe zusammenbekommst, so dass ihr gemeinsam Leistungsprüfung machen könnt.“
Dumsky warb in der Schule für die Feuerwehr, in der eigenen Klasse, eine Jahrgangsstufe höher, eine Jahrgangsstufe tiefer. Und hatte Erfolg.
„Mein Faible war schon immer, Maschinist zu sein“, fügt er an. Mit 18 Jahren dürfte er dann endlich, 1981 ging es nach Würzburg an die Feuerwehrschule. Dumsky durchlief in Baunach alle Leistungsprüfungen „Wasser“ bis Gold-Rot, später alle Stufen der Leistungsprüfung THL In Redwitz. Der Liebe wegen zog er 1988 dann nach Unterlangenstadt – und machte erst einmal eine rund zweijährige Feuerwehrpause. „Die Feuerwehr Unterlangenstadt war damals noch nicht das, was sie heute ist“, so Dumsky. „Sie war, im Vergleich zu Baunach, Welten zurück.“ In der Gerätehalle stand noch die „Minna“, ein altes LF 8 des Modells Opel Blitz. Es gab neun Schutzanzüge, Modell Bayern 1, für alle, neun Helme, neun Paar Gummistiefel: Wer zuerst zum Einsatz kam und wem ein Anzug passte, konnte mitmachen.

Mal eben den eigenen „Kampfanzug“ mitgebracht
Dumsky war wie vor den Kopf gestoßen. „Will ich das wirklich?“, fragte er sich. Ja, er wollte. „Und so kaufte ich mir selbst einen Anzug Bayern 2, einen Helm und Lederstiefel – und ging hin.“ Und er wurde in Unterlangenstadt... natürlich Maschinist.
„Es war der spätere Kreisbrandrat Siegfried Kerner, der damals noch mit Gerhard Elflein für die Maschinistenausbildung im Landkreis zuständig war, der mich bei einer Leistungsprüfung fragte, ob ich nicht Maschinistenausbilder werden wolle“, so Dumsky. Da rannte „der Siggi“ beim „Ricci“ offene Türen ein: Dumsky kam zum Team von Kreisschirrmeister Walter Tröster. Das war im Jahr 1994. Im Jahr 2020 beerbte ihn Dumsky und wurde Kreisschirrmeister.

Wer Maschinistin oder Maschinist im Landkreis werden wollte, der wurde von Dumsky ausgebildet. Und bei ihm drückten so einige Feuerwehrgrößen die Schulbank: Kreisbrandmeister Christian Schilder, Kreisbrandmeister Jürgen Sliwinski, der Küpser Kreisbrandmeister Markus Reischl, der Weismainer Kommandant Christian Kunstmann – oder auch ein gewisser Michael Zapf, der in genanntem Jurastädtchen dem ein der anderen bekannt sein dürfte.
Parallel dazu bildete der Unterlangenstädter auch im Bereich Truppmann (heute MTA) mit aus. Und als dann die Feuerwehrführerscheine eingeführt wurden, hießt es ein weiteres Mal: „Ricci, du machst das“. Und er machte – und zwar den Prüfer, für Feuerwehrführerschein „klein“ (bis 4,75 Tonnen) und „groß“ (bis 7,5 Tonnen).

Auf seine Feuerwehren und die vielen Männer und Frauen, die sich selbstlos in den Dienst der Allgemeinheit stellen, war Richard Dumsky immer stolz. Umso trauriger ist er, dass in den vergangenen Jahren der Respekt vor den Einsatzkräften stark gelitten hat. „Leider hat die ganze Gesellschaft vor nichts mehr Respekt“, bedauert er und richtet seinen Blick auf die Sozialen Medien: „Heutzutage weiß jeder alles besser.“ Ein Feuerwehrler, der für eine Prozession, einen Umzug oder bei einem Unfall die Straße sperrt? Der ist einfach nur lästig. Er wird heute gerne mal verbal oder gar körperlich angegangen. „Die Gesellschaft ist deutlich egoistischer geworden, deutlich roher.“
Corona habe da noch als Brandbeschleuniger gewirkt. „Für uns Feuerwehrler hat Corona das Schlimmste, was hätte passieren können. Nahezu zwei Jahre lang stand der Übungsbetrieb still.“ Nicht jeder blieb bei der Stange. Nachwuchs kam kaum nach. Und nicht jede Feuerwehr ist bislang wieder aus dem Dornröschenschlaf erwacht.

Die Begeisterung für die großen roten Autos
Umso schöner sind Erlebnisse wie beim Johannisfeuer in diesem Jahr. Kinder, sie mögen drei oder vier gewesen sein, staunten nicht schlecht, als die Feuerwehr an der Rodach den Brandschutz aufbaute. Kurzerhand wurden sie eingeladen, doch mal ein Strahlrohr und die Hand zu nehmen und etwas zu „löschen“. Die leuchtenden Kinderaugen sprachen Bände.
Am 1. Januar endet nun eine Ära, der 63-Jährige Richard Dumsky scheidet altersbedingt aus der Kreisbrandinspektion aus. „Ich mache aber noch zwei Jahre bei der Feuerwehr Unterlangenstadt weiter, das ist sicher“, sagt er. Als was? „Natürlich als Maschinist.“
Von Markus Drossel