Lichtenberg Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken – ein Projekt der Internationalen Musikbegegnungsstätte des Bezirks, Haus Marteau – startet in der Karwoche wieder in die Probenphase. Es ist ein Orchester auf Zeit, das sich Jahr für Jahr neu formiert. Till Fabian Weser ist seit zehn Jahren Dirigent des Jugendsymphonieorchesters, kurz JSO. Seine Begeisterung für das JSO ist ungebrochen, und so setzt er auch in der Arbeitsphase 2023 neue Ideen um. Das Interview wurde der Redaktion vom Bezirk Oberfranken zur Verfügung gestellt.
Frage: Herr Weser, Was zeichnet das Jugendsymphonieorchester Oberfranken aus?Till Fabian Weser: Das Jugendsymphonieorchester Oberfranken ist ein beeindruckender Klangkörper, der durch oder gerade wegen der Vielzahl seiner Teilnehmer – Kinder, Jugendliche und junge (Musik)studierende – mehr ist, als nur die Summe ihrer „Einzelteile“: ein begeisterter Nachwuchsklangkörper.
Auf welchem Niveau sollten die Teilnehmenden ihr Instrument beherrschen?Weser: Bei Bläsern richtet sich der Bedarf an Einzelstimmen nach der Partitur. Dazu gibt es vor einem Projekt immer ein Kennenlern-Vorspiel, um zu entscheiden, ob der momentane Leistungsstand passend ist beziehungsweise wer für welche Stimmen geeignet ist. Es ist wunderbar zu erleben, was für Qualitäten dabei zum Vorschein kommen.
Bei Streichern ist es etwas komfortabler, da die Stimmen chorisch besetzt sind. Hier wäre die einzige Hürde der Platz auf der Bühne.
Welche Beweggründe stehen hinter der Werkauswahl für die Ostertournee 2023?Weser: Die Jahre der Pandemie hatten dem JSO eine außergewöhnliche Odyssee in der Programmgestaltung auferlegt. 2020 hatten wir zuerst Sibelius 2. in der Programmplanung sowie einen Kompositionsauftrag an den jungen Oboisten Robert Schina, dann mussten wir allerdings erfolglos mit einer Mendelssohn-Sinfonie in 2022 umdisponieren und nun endlich, zu meinem zehnjährigen Jubiläum als Dirigent, kann die langersehnte Arbeitsphase des wunderbaren JSO stattfinden.
Das Werk, das ich mir zu meiner ersten Arbeitsphase 2013 ausgewählt hatte, war Dvoraks 9. Sinfonie aus der neuen Welt. Warum also nicht eine elegante Wiederholung in der diesjährigen Programmgestaltung? Ein Trompetenkonzert stand übrigens seit 2020 durchgängig in der Programmplanung. Als Trompeter musste ich das Konzert von Joseph Haydn selbst häufig spielen. Heute freue ich mich besonders, es nun auch einmal dirigieren zu dürfen. Die „Ouvertüre“ des Konzertprogramms selbst ist mehr als „nur“ eine Ouvertüre. „Die Geschöpfe des Prometheus“ von Beethoven ist eigentlich ein Ballett. Daraus haben wir neben der Ouvertüre noch zwei reizende Charakterstücke ausgewählt.
Welche Entwicklungen konnten Sie in Ihrer zehnjährigen Dirigententätigkeit beobachten?Weser: Unsere gute Arbeit spricht sich allgemein herum. Das konzentrierte Arbeiten an der Sache mit viel Spaß und Humor lässt uns auch anspruchsvolle symphonische Literatur bewältigen. Der Spaß in der Freizeit kommt nicht zu kurz, ist er doch ein logischer Ausgleich zu unserer konzentrierten Arbeit. Von einer Entwicklung des Klangkörpers kann man eigentlich nicht sprechen, da nach einigen Arbeitsphasen ein kompletter Austausch der Teilnehmer stattgefunden hat. Ich bin allerdings froh, dass es in einer Sache keine Veränderung gegeben hat und auch nicht geben wird: dass ich jeden Teilnehmer und jede Teilnehmerin auf ihrem ganz individuellen Leistungsstand, auf dem sie sich gerade befinden, ernst nehme und darin fördere. Mein Ideal in der Orchesterarbeit mit dem JSO ist also nicht irgendeine professionelle Aufnahme, es ist die Spielfreude der Ausführenden!
Inwieweit hat die Corona-Zeit die Jugendarbeit verändert?Weser: Diese Frage kann ich seriös erst nach unserer ersten Post-Corona-Arbeitsphase beantworten. Was ich allerdings beobachten konnte, war eine anfänglich sehr schleppende Rückmeldung zu unserem Workshopangebot. Erst nach einiger Zeit haben die jungen Musiker realisiert: „Hey, das JSO spielt wieder – und dann noch so eine tolle Sinfonie – und dann auch noch in der Bamberger Konzerthalle …“. Jetzt hatten wir zum Beispiel acht Flöten, die mitspielen wollten, oder 25 Violinen. Das sind Anmeldezahlen, die außergewöhnlich hoch sind.
Was war Ihre beste Erfahrung als Dirigent des JSO?Weser: Jede Arbeitsphase offenbart ihre besten Erfahrungen. Diese zeigt sich bereits in den allerersten Proben, wenn wir alle feststellen, dass 70 bis 80 Teilnehmer, die sich noch nicht einmal alle kennen, in der Lage sind großartige Werke zu spielen – Motivation trifft auf Können.
Worauf freuen Sie sich besonders?Weser: Auf die allerersten Proben.