Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat im Bezirk der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg im Juni 2022 (aktuellster Stichtag) mit 247.576 Männern und Frauen einen neuen historischen Höchststand seit Gründung der Bundesrepublik erreicht. Sie ist sogar um 2465 Personen größer als im Juni 2019, dem Jahr vor der Corona-Krise.
Die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer ist im vergangenen Jahr überproportional gestiegen (plus 9,5 Prozent), die Zahl der beschäftigten Deutschen ging dagegen erstmals um 1273 (minus 0,6 Prozent) zurück. Der Ausländeranteil an allen Beschäftigten liegt mit 24.281 Personen bei 9,8 Prozent.
Der demografische Wandel macht sich von Jahr zu Jahr stärker bemerkbar. Gut jeder vierte Beschäftigte ist mindestens 55 Jahre alt und scheidet voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren aus dem Erwerbsleben aus. Nur jeder Zehnte ist jünger als 25.
Viele ukrainische Geflüchtete mit guten Qualifikationen
Wegen des Kriegs in der Ukraine kamen 2022 viele Flüchtlinge in den Agenturbezirk. Aufgrund ihrer häufig guten Qualifikation fanden bereits bis zum Stichtag Ende Juni 330 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Mit 657 Beschäftigten sind in der Region doppelt so viele in Arbeit wie ein Jahr zuvor. Davon sind 67,6 Prozent Frauen, 63,2 Prozent arbeiten Vollzeit, 91,3 Prozent sind jünger als 55 Jahre.
Nach Branchen gab es 2022 absolut betrachtet die stärkste Zunahme im Bereich Verkehr und Lager sowie bei Immobilien und freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen. Auch das Gastgewerbe erholte sich nach zwei Jahren Pandemie. Die öffentliche Verwaltung, Verteidigung, externe Organisationen sowie Erziehung und Unterricht verbuchten einen Beschäftigungszuwachs zur Bewältigung der aktuellen Flüchtlingskrise.
Personal abgebaut (um 2,0 Prozent) hat das verarbeitende Gewerbe. Die größten Arbeitsplatzverluste hatten die Metall- und Elektroindustrie sowie die Stahlindustrie und die Konsumgüterherstellung. Den prozentual kräftigsten Rückgang um 10,1 Prozent (minus 383 Stellen) verzeichnete der Bereich der Zeitarbeit.
Pandemie-bedingte Einschränkungen enden, Betriebe stellen wieder ein
Mit durchschnittlich 11.081 arbeitslos gemeldeten Männern und Frauen hat sich die Arbeitslosigkeit 2022 gegenüber dem Vorjahr um 8,1 Prozent verringert (minus 972 Personen). Obwohl seit Juni die Flüchtlinge aus der Ukraine von den Jobcentern betreut und daher in der Statistik erfasst wurden, sank im Schnitt die Arbeitslosigkeit. Mit den zunehmenden Lockerungen der Pandemie-bedingten Einschränkungen ab Ende April stellten die Betriebe in den Bereichen Tourismus, Hotel und Gaststätten, Veranstaltungswesen sowie der Einzelhandel wieder kräftig ein. Die Arbeitslosenquote ist seit dem Vorjahr um 0,2 Prozentpunkte gesunken und betrug im Jahresdurchschnitt 3,2 Prozent. Mit einem Abbau um 12,2 Prozent (minus 407) auf 2932 gab es auch in der Gruppe der Langzeitarbeitslosen deutliche Fortschritte.
Entlassungsrisiko weiter stabil – top Jobchancen für Fachkräfte
Die Zahl der arbeitslosen Ausländer erhöhte sich überproportional um über ein Fünftel auf 2514. Im Schnitt hatte gut jeder vierte Arbeitslose einen ausländischen Pass.
Im Jahr 2022 verloren 15.319 Männer und Frauen ihre Beschäftigung, 2,0 Prozent weniger als im Vorjahr. 12.353 fanden Arbeitslose eine neue Arbeit, 13,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Das Minus liegt nicht an mangelnder Einstellbereitschaft der Firmen: Über die Hälfte der Arbeitslosen verfügt über keinen Berufsabschluss. Eine Ausbildung oder geförderte berufliche Qualifizierung nahmen 7783 arbeitslose Personen auf.
Stellenmarkt – Bestand auf Höchststand seit Gründung der BRD
Im Jahresdurchschnitt hatte der Arbeitgeberservice 9745 sozialversicherungspflichtige Stellenangebote im Bestand, über ein Viertel mehr als im Vorjahr. Aufgrund der zügigen Erholung großer Teile der Wirtschaft nach dem letzten Lockdown und des massiv gestiegenen Personalbedarfs erreichte der Stellenpool seinen Höchststand seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland vor 73 Jahren. Dem Arbeitgeberservice wurden im vergangenen Jahr 20.070 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsangebote gemeldet. Der Stellenzugang nahm in der zweiten Jahreshälfte durch die Folgen der Energiekrise leicht ab.
Zahl der Ausbildungsstellen steigt, Zahl der Kurzarbeiter sinkt
Erstmals seit Beginn der Corona-Krise stieg die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen wieder, und zwar auf 5339 Plätze seit 2021 (plus 320). Die Zahl der Bewerber geht aber weiter zurück. Es blieben 1103 Ausbildungsplätze unbesetzt, 179 (plus 19,4 Prozent) mehr als im Vorjahr. 46 Bewerber waren noch auf Lehrstellensuche.
Im Januar zur Hochphase des Lockdowns bezogen im Agenturbezirk 905 Betriebe für 6120 Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld. Auf Vollzeitstellen bemessen, konnten damit 2217 Arbeitsplätze gerettet werden. Im Verlauf des Jahres verlagerten sich die Ursachen für die Kurzarbeit zunehmend auf Lieferengpässe und Rohstoffmangel sowie die Folgen der Energiekrise. Corona spielte kaum noch eine Rolle. Die Kurzarbeiterquote sank allein bis August (aktuellster Wert) auf lediglich 0,3 Prozent.
Stefan Trebes, Leiter der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg, erinnert an die Auswirkungen von Russlands Überfall auf die Ukraine:
„Es folgten eine Energiekrise, Materialengpässe sowie eine Hyperinflation, die wie ein Tsunami über uns schwappten. Und dennoch zeigte unser Arbeitsmarkt der Krise scheinbar die kalte Schulter. Die Beschäftigung steht auf einem historischen Rekordwert. Es gab noch nie so viele Stellenangebote wie im letzten Jahr. Die Kurzarbeit nahm seit dem Frühling kontinuierlich ab. Sobald jedoch eine Firma schließen muss, klingeln bei unserem Arbeitgeberservice die Telefone. Die Konkurrenz wittert ihre Chance, jetzt an heiß begehrte Fachkräfte zu kommen, die auf dem Markt immer knapper werden.
Ich sehe drei große Herausforderungen für 2023, damit unsere Region wettbewerbsfähig bleibt: Erstens, sich in Ausbildung noch mehr einbringen als bisher, denn die besten Fachkräfte bildet man selbst aus. Zweitens, Zuwanderung vom Ausland forcieren. Hierbei muss man jedoch bereit sein, Zeit, Geld und Geduld einzubringen. Und drittens, die eigenen Beschäftigten qualifizieren. Das erfordert jedoch Lernbereitschaft der Mitarbeiter und die Bereitwilligkeit der Betriebe, in deren Zukunft und damit in die des Unternehmens zu investieren. Bei all diesen Themen gibt es umfangreiche Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten durch die Arbeitsagentur.“