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LICHTENFELS

Fledermaus-Kot: Großputz in Kirchturmspitze in Schney

Fledermaus-Kot: Großputz in der Kirchturmspitze in Schney
Rund drei Stunden schaufelten die Helferinnen und Helfer im Obergeschoss der Kirchturmspitze den Fledermauskot in Eimer. Foto: Thomas Fischer/Landratsamt

Die Mausohren sind ausgeflogen – in ihr Winterquartier. Was sie hinterlassen haben, ist im wahrsten Sinne des Wortes eine schöne Bescherung: Das Holz des Glockenturms der Schneyer Kirche ächzt unter dem Gewicht des Fledermauskots, der sich hier im Lauf der Jahre angesammelt hat. Zeit für einen Großeinsatz unter der Federführung der unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Landratsamtes.

Neben der UNB mit Johanna Reihs, Ulrike Schmidt und Thomas Fischer sind die für den Landkreis Lichtenfels zuständige Fledermausberaterin und Naturparkrangerin Julia Dummert sowie der ehrenamtliche Fledermausberater Ulrich Völker, Naturschutzwächter Georg Kremer sowie vom Kirchenvorstand André Steffen, Günter Scheler, Erich Kretzschmar und Pfarrerin Tanja Vincent zur Stelle.

Der Kot muss gelockert und in Eimern abgeseilt werden

Es ist ein sonniger Donnerstag im Februar, an dem sich die zehn Helferinnen und Helfer ans Werk machen – versehen mit Schutzausrüstung und Handwerkszeug, Eimern, Schaufeln, Besen sowie Seilen und Karabinern. Die letzteren beiden Utensilien werden von Thomas Fischer zu Seilzügen zusammengebaut und unter der Kirchturmspitze sowie im Glockenstuhl des Kirchturms installiert.

Fledermaus-Kot: Großputz in der Kirchturmspitze in Schney
Jeder Eimer musste erst den Weg durch die Enge Luke vom Obergeschoss in den Glockenstuhl und dann weiter über das Fenster ins Freie transportiert werden. Foto: Heidi Bauer/Landratsamt

Denn ganz oben lagert der Fledermauskot auf der Holzdecke über dem Glockenstuhl. Er muss erst gelockert, in Eimer geschaufelt und durch eine schmale Luke Eimer für Eimer mit einem Seil zunächst eine Etage tiefer mit einem Flaschenzug in den Glockenstuhl herabgelassen werden, erläutert Johanna Reihs. Von da aus geht's weiter über einen zweiten Seilzug durchs Fenster ins Freie. Dort wird er Eimer für Eimer in Plastiksäcke verpackt zum Abtransport in die Kompostieranlage.

„Wir brauchen drei Teams“, sagt Johanna Reihs. Zwei Drittel der Helferinnen und Helfer steigen die enge Kirchentreppe empor. Dann geht es los: „Es ist bereits die dritte Kirche, die ich in diesem Jahr mit sauber mache“, sagt Naturparkrangerin und Fledermausberaterin Julia Dummert. Nur in den Wintermonaten, wenn die Fledermäuse im Winterquartier sind, besteht die Möglichkeit, ihre Hinterlassenschaften zu entfernen.

Seit Jahrzehnten nutzt das Mausohr den Kirchtum als Wochenstube

Fledermaus-Kot: Großputz in der Kirchturmspitze in Schney
Die fleißigen Helfer nach getaner Arbeit: (v.li.n.re.) Julia Dummert, Georg Kremer, Erich Kretzschmar, Ulrike Schmitt, André Steffen, Thomas Fischer, Ulrich Völker, Tanja Vincent, Günther Schels. Foto: Heidi Bauer/Landratsamt

Der Kirchturm wird seit vielen Jahrzehnten von einer Mausohrenkolonie als Wochenstube genutzt. Darin ziehen die Weibchen gemeinsam ihre Jungen auf. Der Kirchturm hat eine herausragende Bedeutung für die heimischen Mausohren, er wurde deshalb als FFH-Gebiet unter Naturschutz gestellt.

Im Sommerhalbjahr ist das Mausohr in Bayern nahezu flächendeckend verbreitet, wobei es auf Gebiete mit hohem Laubwaldanteil als Jagdrevier angewiesen ist. Als Nahrung dienen ihm vor allem große flugunfähige Großinsekten wie Laufkäfer oder Schnaken, die in unterwuchsarmen Wäldern im Flug vom Waldboden aufgesammelt werden.

Fledermaus-Kot: Großputz in der Kirchturmspitze in Schney
Johanna Reihs (rechts) von der UNB informierte vor Beginn der Aktion über die Vorgehensweise und darüber, was beachtet werden sollte. Foto: Heidi Bauer/Landratsamt

Das Große Mausohr ist eine typische Gebäudefledermaus und gilt als Kulturfolger. Die Weibchen schließen sich im Sommer in Trupps zu sogenannten Wochenstuben zusammen, um ihre Jungen zu gebären und großzuziehen. In Bayern befinden sich die Wochenstuben überwiegend in Dachstühlen von Kirchen und in Kirchtürmen. Große Wochenstuben können über 2000 Tiere umfassen.

Fledermaus-Kot: Großputz in der Kirchturmspitze in Schney
Mit der Leiter ging es in den Kirchturm. Foto: Heidi Bauer/Landratsamt

Außerhalb von Wochenstuben sind Mausohren alleine oder in Kleingruppen anzutreffen. Den Winter verbringt das Große Mausohr in frostsicheren unterirdischen Quartieren wie Höhlen, Stollen, Bierkellern und Gewölben. Die Entfernung zwischen den Winter- und Sommerquartieren kann dabei mehrere hundert Kilometer betragen.

Die größte Mausohr-Kolonie im Landkreis lebt in Schney

Die Mausohren, die sich den Glockenturm der evangelischen Schneyer Kirche als Domizil auserkoren haben, bilden die größte Kolonie im Landkreis Lichtenfels, erläutert Ulrich Völker, der ehrenamtliche Fledermausberater im Landkreis Lichtenfels. Bei Fledermauszählungen wurden bereits mehr als 500 Tiere auf einmal gezählt.

Fledermaus-Kot: Großputz in der Kirchturmspitze in Schney
Eimer für Eimer mussten die Hinterlassenschaften der Mausohren vom Kirchturm nach unten abgeseilt werden. Foto: Heidi Bauer/Landratsamt

Völker nimmt an, dass auch die Nähe zum Kirchweiher eine Rolle spielt – denn die Mausohren jagen ihre Beute – Insekten – in Bodennähe und da finden sie in nächster Nähe zu einem Gewässer genügend. Momentan sind die Mausohren im Winterquartier, vermutlich in Kellern und Höhlen in der fränkischen Schweiz.

Fledermaus-Kot: Großputz in der Kirchturmspitze in Schney
Eimer für Eimer mussten die Hinterlassenschaften der Mausohren vom Kirchturm nach unten abgeseilt werden. Foto: Heidi Bauer/Landratsamt

„Ich finde es super, dass wir so viel Unterstützung von der UNB, Fledermausberatung und freiwilligen Helfern bekommen haben“, freut sich Pfarrerin Tanja Vincent, die unermüdlich die Säcke vom Kirchenvorplatz über die Treppe hoch zum Parkplatz schleppt. „Das ist eine wirklich wichtige Aktion. Wir hatten nämlich Angst, dass der Kot das Holz des Glockenstuhls auf Dauer gefährdet. Doch um so eine Aktion zu starten, braucht es Fachleute und eine gute Organisation.“

Rund drei Stunden schaufeln und verpacken die Helfer, bis die Holzdecke über dem Glockenstuhl wieder besenrein ist. Sage und schreibe 54 Plastiksäcke reihen sich am Ende auf dem Parkplatz nebeneinander. Ingesamt mehr als ein Kubikmeter Fledermauskot. Die Mausohren können sich auf ein sauberes Quartier für den Sommer im Kirchturm freuen.

 

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