Die bunten Hände sind längst so etwas wie das Markenzeichen des Aktionsbündnisses „Lichtenfels ist bunt“. In vielen Fenstern in Stadt und Landkreis hängen sie seit dem Winter, als kunterbuntes Zeichen für Vielfalt, Respekt und Toleranz. Beim Kreisjugendfest am Sonntag, 3. Juli, findet beliebte Aktion ihre Fortsetzung. Die Details wurden beim jüngsten Bündnistreffen besprochen. Und außerdem ging es um eine Herzensangelegenheit.
Das Bundesprogramm „Demokratie leben“: Nahezu alle Landkreise Oberfrankens beteiligen sich an diesem erfolgreichen Förderprogramm des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, zumeist schon längst. Der Landkreis Lichtenfels aber hat sich bislang vornehm zurückgehalten und damit keine klare Position für Vielfalt und Toleranz und keine klare Kante gegen Intoleranz und Rechtsextremismus gezeigt.
Das würde nicht nur Steffen Biskupski gerne ändern. Seit über drei Jahren versucht er, den heimischen Landkreis dazu zu bewegen, sich für das Bundesprogramm zu bewerben. Martin Becher, Stefan Denzler und das Team des Bayerischen Bündnisses für Toleranz Bad Alexandersbad beziehungsweise die dortige Projektstelle gegen Rechtsextremismus haben ihre Hilfe angeboten. Auch Laura Göldner von „Lichtenfels ist bunt“ hat durch ihre Arbeit in Coburg einen großen Erfahrungsschatz mit „Demokratie leben“. Sie alle würden gerne helfen, sie alle würden gerne initiieren und projektieren. Allein: Der entscheidende Impuls aus der Landkreisverwaltung fehlt.
Der Landkreis Lichtenfels muss die Federführung übernehmen
Von Seiten der Stadt Lichtenfels gibt es, sehr zur Freude von „Lichtenfels ist bunt“, Signale, dass man sich gerne beteiligen wolle. „Allerdings muss der Landkreis die Federführung des Projekts haben“, so Biskupski. Mit großem Interesse hatten die Aktivisten im Obermain-Tagblatt den Bericht der der jüngsten Monatsversammlung des SPD-Ortsvereins Schney gelesen. Hierbei hatte Kreisvorsitzender Sebastian Müller erklärt, dass die Kreis-SPD die Aufnahme des Landkreises Lichtenfels in das bundesweite Projekt „Demokratie leben“ unterstütze.
Im Jahr 2023 wird das Bundesprogramm vermutlich enden
Der Kreisrat bedankte sich im Pressebericht bei der Landkreisverwaltung, die sich um die Beantragung der Förderung für das Projekt „Demokratie leben“ kümmere. Er sehe das Projekt als wichtigen Baustein, „damit auch unter Jugendlichen das Verständnis und das Vertrauen in die Demokratie, in der wir glücklicherweise leben dürfen, auf fruchtbaren Boden fällt und extreme Ansichten gerade in der jungen Bevölkerung keinen Nährboden finden.“ So sieht es auch „Lichtenfels ist bunt“.
Sollte Landrat Christian Meißner, wie im SPD-Bericht dargelegt, nun doch endlich die Weichen gestellt und die Signale auf grün gestellt haben? Steffen Biskupski hofft es zwar, trübte die Stimmung allerdings etwas. Auf seine steten Nachfragen bekomme er oft keine oder nur kurze, stets vertröstende Antworten. „Das Bundesprogramm endet, Stand jetzt, im Jahr 2023. Noch können Anträge auf Aufnahme gestellt werden, doch müssen diese dann in diesem Sommer gestellt werden“, so Biskupski. Etwas gefrustet fügte er an: „Jeder sagt, dass er ,Demokratie leben' schön und super findet, doch letztlich drehen wir uns im Kreis.“ Und es bewege sich nichts.
„Wenn Landrat Christian Meißner ein Zeichen geben würde, wäre der Antrag binnen kürzester Zeit gestellt und die Sache durch“, ist sich Anne Salzbrenner sicher. „Leider befürchte ich, dass ,Demokratie leben' im Landkreis Lichtenfels aber den Bach runter geht.“ Das Zeitfenster werde kleiner und kleiner. Dr. Arnt-Uwe Schille, selbst Stadt- und Kreisrat, betonte: „Die Stadt Lichtenfels um Bürgermeister Hügerich ist bemüht. Was sich am Landratsamt tut, ist nicht im Detail bekannt. Die Hoffnung ist, dass der Landkreis sich zuständig fühlt und das Heft des Handels in die Hand nimmt.“
Gemeinsam für „Demokratie leben“ und nicht aufgeben
Die Mitglieder von „Lichtenfels ist bunt“ waren sich einig, dranbleiben und für „Demokratie leben“ kämpfen zu wollen bis zum Schluss. Und man will erneut das Gespräch mit Landrat Christian Meißner suchen, idealerweise auch gleich mit Stefan Hahn, dem Leiter der des Sachgebietes Jugend und Familie am Landratsamt. Bei letzterem wäre das Bundesprogramm wohl auch angesiedelt, würde es zum Tragen kommen.

Darüber hinaus gab beim jüngsten Treffen es ein wenig Wehmut: Die Zeit des Abschieds von Anne Salzbrenner, der Sprecherin des Aktionsbündnisses, rückt näher und näher. Die Lichtenfelser Pfarrerin wird Dekanin in Rügheim (diese Redaktion berichtete) und offiziell am 24. Juli verabschiedet. Dass es mit „Lichtenfels ist bunt“ weitergehen wird, war von vorne herein klar. Einig waren sich die Aktivisten, die Federführung künftig auf drei Schultern verteilen zu wollen. Nach kurzer Aussprache war die Nachfolge gesichert. Näheres wird nach dem offiziellen Abschied von Anne Salzbrenner bekannt gegeben.
Beleidigung gegen „Lichtenfels ist bunt“ wurde gerichtlich geahndet
Mit großem Interesse hatten die Bündnismitglieder ein Gerichtsverfahren gegen den Kopf der Lichtenfelser Anti-Corona-Demonstrationen verfolgt. Er musste sich wegen Volksverhetzung im Internet vor dem Amtsgericht verantworten. Anlass waren seine hasserfüllten Kommentare zu einem Artikel des Obermain-Tagblatts über „Lichtenfels ist bunt“. Neben dem betroffenen OT-Redakteur hatte auch ein Bündnismitglied Anzeige erstattet. Die Geldstrafe in Höhe von 2400 Euro empfanden die Aktivisten als milde. Immerhin aber fühlten sich die „Bunten“ bestätigt, dass Anzeigen bei der Polizei etwas bringen. Außerdem, so Carsten Gick, sei es sehr ruhig um den Verein Miteinander Füreinander geworden, der unter anderem vom erwähnten Volksverhetzer geleitet wird. Bis Februar sei der Verein vor allem durch „Spaziergänge“ gegen die Corona-Maßnahmen aufgefallen. Zuletzt aber fehlte es den hiesigen Verschwörungstheoretikern und Rechtspolemikern deutlich an Zulauf.
Abdruck für Abdruck zum Gesamtkunstwerk
Sehr freut sich „Lichtenfels ist bunt“ auf den Sonntag in Altenkunstadt: Auf dem Gelände des alten Bootshauses wird, wie eingangs erwähnt, beim Kreisjugendfest am Sonntag von 12 bis 18 Uhr allerhand geboten sein. Am Stand des Aktionsbündnisses steht Kreativität im Vordergrund. Auf einem großen weißen Laken darf sich jeder mit einem bunten Handabdruck verewigen, der möchte, und so ein Zeichen für einen bunten Landkreis Lichtenfels setzen. Außerdem gibt es Vorlagen zum Ausmalen, die gerne mit nach Hause genommen werden dürfen.

Beim Aktionsbündnis „Lichtenfels ist bunt“ ist jede(r) willkommen, der sich für Vielfalt, Respekt und Toleranz einsetzen und gegen Rechtsextremismus und Hetze engagieren möchte. Das können Einzelpersonen ebenso sein wie Vereine, Verbände und/oder Parteien und Wählergruppierungen. Via E-Mail an lichtenfelsistbunt@posteo.de kann Kontakt aufgenommen werden. Weitere Infos gibt es unter anderem auch bei Facebook: www.facebook.com.
Das sagen Landrat Christian Meißner und die Landkreisverwaltung zum Bundesprogramm „Demokratie leben“
„Ich bin seit viele Jahren Mitglied der CSU und mir ist Demokratie eines meiner Herzensangelegenheiten“, sagt Landrat Christian Meißner auf Nachfrage dieser Redaktion. „Akzeptanz und Toleranz sind für mich neben dem Recht auf freie Meinungsäußerung die Grundpfeiler unserer Demokratie.“ Jedwede Art von Extremismus lehne er kategorisch ab und verurteile ihn auch. „Ich werde mich gegen dieses Projekt nicht sperren, bitte aber um Verständnis, dass – auch wenn es gefördert wird – wir über eine freiwillige Leistung des Landkreises reden, die auch Personaleinstellungen nach sich zieht.“ Hier müsse der Kreisausschuss zustimmen. „Auch hier lebt die Demokratie!“ Ergänzend antwortet Pressesprecher Andreas Grosch: „Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) fördert mit diesem Programm unter anderem auch Kommunen, ab einer Größe von mindestens 15.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.“ Mit den Fördermitteln sollen so genannte Partnerschaften für Demokratie umgesetzt werden. „Die Fördervoraussetzungen sehen somit nicht vor, dass das Projekt ausschließlich von Landkreisen oder kreisfreien Städten umgesetzt werden kann.“
Für die Partnerschaften für Demokratie sei von Seiten des Bundesprogramms neben konzeptionellen Anforderungen auch ein struktureller Aufbau vor Ort vorgegeben. Insbesondere benötige es nach den Förderregularien eines federführenden Amtes und einer Koordinierungs- und Fachstelle. „Für die Umsetzung der Partnerschaften für Demokratie soll die Koordinierungs- und Fachstelle bei einem freien Träger eingerichtet werden“, so Grosch. „Zu deren Aufgaben gehören die Gesamtkoordination der Partnerschaft für Demokratie in Zusammenarbeit mit dem federführenden Amt, dem Begleitausschuss und weiteren Akteuren der Partnerschaft.“ Daneben obliege ihr unter anderem anderem die inhaltlich-fachliche Beratung von Projektträgern und die Begleitung von Einzelmaßnahmen sowie die Koordinierung der Arbeit des Begleitausschusses und des Jugendforums.
Z“ur Installation des federführendem Amtes befinden sich die Stadt Lichtenfels und der Landkreis Lichtenfels zur einer gemeinsamen Umsetzung im regelmäßigen Austausch. Von Seiten des Landkreises wurde ein Vorschlag zur Umsetzung des federführenden Amtes erarbeitet.“ Darüber hinaus bestünden auch bereits konkretere Vorstellungen zur Jugendbeteiligung und zur Umsetzung des Begleitausschusses.
„Erst im Anschluss, im Zusammenhang beziehungsweise nach einer Antragstellung wäre die Auswahl eines freien Trägers vorgesehen. Als ein möglicher freier Träger könnte das von Ihnen angesprochene Evangelische Bildungszentrum Bad Alexandersbad in Frage kommen, jedoch auch andere, wie beispielsweise die örtlichen freien Träger.“ Da dies erst einer der nächsten Schritte wäre, erfolgte deshalb auch kein Austausch mit einzelnen freien Trägern. „Von Seiten des Landkreises erfolgten jedoch wiederholt Abstimmungen mit dem für die Förderung zuständigen Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben“, so Grosch. „Vor einer Antragstellung sind noch konzeptionelle Vorarbeiten, beispielsweise zur Ausgestaltung des federführenden Amtes aber auch Festlegungen zu den Projektmitteln und den Zielsetzungen erforderlich.“ Darüber hinaus bedürfe es vor einer rechtsverbindlichen Antragstellung der konkreten Entscheidung über die Teilnahme am Bundesprogramm von den kommunalen Gremien. (mdr)
Von Markus Drossel