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LICHTENFELS

Die Ernte am Obermain im Krisenjahr

Sonnenblumen für Ölproduktion und als blühende Kultur für Insekten baut Andi Hagel an. Foto: Heinz Fischer

Marion Warmuth (62) aus Tiefenroth ist seit 2012 Kreisbäuerin im Landkreis. Der schmucke Hof wurde schon seit längerer Zeit in gute Hände an den Sohn übergeben, dennoch arbeitet sie zusammen mit Gatten Hans-Georg noch täglich mit. Gilt es doch, 65 Milchkühe und ebenso viele Kälber sowie 160 Hektar Land und 15 Hektar Wald zu versorgen und zu bewirtschaften.

Ja, sind sich die Eheleute einig, der Klimawandel sei nicht mehr wegzudiskutieren. Fehler wurden schon vor 50 und mehr Jahren gemacht, Fehler, welche die Umwelt nachhaltig geschädigt haben. Wie schaut es nun in diesem Dürresommer 2022 aus? „Die Wintersaat kam noch recht gut“, meint Hans-Georg Warmuth, „aber es fehlten im Winter Nässeperioden, und so konnten nur etwa zwei Drittel der Futterernte für die Kühe erzielt werden“. Der dadurch notwendige Futterzukauf koste das Doppelte bis Vierfache gegenüber früheren Zeiten.

Schlechte Ernte beim Mais: Andi Hagel zeigt tiefe Risse im ausgetrocknetem Boden. Foto: Heinz Fischer

Energiekosten haben sich im Vergleich vor zwei Jahren verdoppelt

Die Energiekosten seien ebenso enorm gestiegen: Waren es vor zwei Jahren noch 2000 Euro im Monat, so zahlt man heute gut 4000 Euro, um den Hof am Laufen zu halten. Dazu komme der Mehrverbrauch an Diesel für die Traktoren, die mit den ausgetrockneten Böden ihre liebe Mühe haben.

Und noch ein Problem zeigt der Senior-Landwirt auf: „Die Arbeit in Feld und Wald bei extremer Hitze fördert auch die Brandgefahr, Maschinen könne hier schnell mal Feuer fangen. Leider macht der Borkenkäfer die Waldarbeit im Sommer notwendig, früher wurde ausschließlich im Winter im Wald gearbeitet.“

Für die Zukunft überlegt man sich bei Warmuths, auf den Anbau hitzeresistenter Pflanzen umzusteigen, so beispielsweise Soja oder Ackerbohnen. Dies brauche aber seine Zeit. Vor der Zukunft ist es den Eheleuten nicht bange, es könne noch gegengesteuert werden, wenn der Gesetzgeber Planungssicherheit garantiere und gezielt unterstütze.

Kreisbäuerin Marion Warmuth ist sich sicher: Der Klimawandel ist da. Foto: Heinz Fischer

Erträge für den Futteranbau um die Hälfte eingebrochen

Arbeiten und Wirtschaften, wo andere Urlaub machen. So stellt sich der Aussiedlerhof in Oberbrunn dar, am Hang gelegen, mit einem wunderbaren Blick auf den Gottesgarten. Aber die Idylle täuscht beim Schweinemastbetrieb der Familie Hagel. Zirca 500 Mastschweine stehen im Stall, dazu werden 40 Hektar Land bearbeitet. Letzteres meist für den Futteranbau, Weizen, Gerste, Körnermais. Sonnenblumen und Raps baut man noch an, als blühende Kulturen.

Der Sohn Andi Hagel (25) berichtet von einem äußerst schwierigen Jahr. So seien die Erträge für den Futteranbau um die Hälfte eingebrochen, besonders der Weizenanbau sei miserabel gewesen. Dies bedeute aber im Gegenzug, dass umso mehr Futter zugekauft werden musste, zu ebenfalls stark angestiegenen Preisen.

Die Dieselpreise haben sich verdoppelt und die Traktoren brauchen mehr Kraftstoff auf den trockenen Böden. Foto: Heinz Fischer

Auch machen ihm die Kraftstoffpreise zu schaffen, mehr als das Doppelte bezahle man für den Liter Diesel im Vergleich zu 2020. Bedingt durch den Klimawandel, so Andi Hagel, seien die Regenmengen schon fast ein Lotteriespiel, je nach Region mal mehr, mal weniger. Planbar sei nichts mehr.

Die Böden trockneten immer mehr aus, wie er am Beispiel seines Maisfeldes zeigt. Mehrere Zentimeter breite, tiefe Risse finden sich im Ackerboden. Die Wildschweine täten ein Übriges.

Dennoch blickt er nicht allzu pessimistisch in die Zukunft: Ein Umdenken der Endverbraucher wünscht er sich, die Preise für Fleisch müssten angepasst werden, so dass sich der Betrieb wieder lohnt, auch im Hinblick auf die Tierwohl-Haltung. Und klare Ansagen aus der Politik fordert er, um für die nächsten Jahre Planungssicherheit zu bekommen.

Durch die Dürre nur ein Grasschnitt möglich

„Wir malen den Teufel nicht an die Wand. Wenn wir sorgsam mit unseren Ressourcen umgehen, mit der Aussaat von Zwischenfrucht die Bodenqualität erhalten, die Standorte optimal nutzen, dann schaffen wir das auch in Zukunft“, meint Andi Hagel abschließend.

Ähnlich sieht es auf dem Hof von Vanessa und Jörg Leikeim in Zettlitz aus. Man bekäme wohl etwas bessere Preise für Milch und Fleisch, aber dies könne die Einbußen in diesem Jahr nicht kompensieren. Betriebsmittel, Verschleißteile für die Maschinen, Diesel – alles sei doppelt so teuer wie vorher, bei Dünger zahle man das Vierfache.

Abgeerntet und bereit für die neue Aussaat. Doch die Prognosen sind düster. Foto: Heinz Fischer

Auch Jörg Leikeim berichtet von der extremen Wettersituation in diesem Sommer. So sei durch die Dürre nur ein Grasschnitt möglich gewesen, ebenso gab es extrem schlechte Ernten bei Mais und Getreide. Dazu kommen logistische Probleme. So sei teilweise die Verschiffung von Getreide auf dem Main wegen Niedrigwasser nicht mehr möglich gewesen. Gerade die Landkreise Lichtenfels und Kronach hätten viel zu wenig Regen in diesem Jahr abbekommen. Könne man dies heuer noch mit Lagervorräten ausgleichen, sieht der Land- und Energiewirt nächstes Jahr dicke Probleme: „Wir müssen entweder den Viehbestand reduzieren, oder 2023 weniger Brotgetreide anbauen, um den Futter- und Energiebedarf auszugleichen.“

Trotz düsterer Aussichten bleibt ein Stück Optimismus

All diese Aussagen der heimischen Landwirte zeichnen ein recht düsteres Bild für die Zukunft, auch wenn ein Stück Optimismus bleibt. Der Klimawandel hat uns erreicht und wirkt sich gerade in unserer Region mit voller Wucht aus. Aber das Problem besteht weltweit.

Man sollte nun meinen, in solchen Situationen müssten Politiker und Machthaber in aller Welt zusammenrücken und zusammenarbeiten. Stattdessen werden von machthungrigen Despoten noch unsinnige Kriege angezettelt, die Tod und Verwüstung über die Menschen bringen und zudem der Weltwirtschaft immensen Schaden zufügen.

 

Von Heinz Fischer

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