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OBERLANGHEIM

Deftiges bei der Agrarpolitischen Schlachtschüssel

Deftiges bei der Agrarpolitischen Schlachtschüssel
Zur „politischen Schlachtschüssel“ gehören Reden und das deftige Gericht mit Fleisch aus der Region. Foto: Monika Schütz

Der Bayerische Bauernverband hatte zur „Agrarpolitischen Schlachtschüssel“ eingeladen. Das Thema lautete: „Brauchen wir noch regionale Landwirtschaft oder schaffen wir sie bürokratisch ab?“ Nicht nur die Geschäftsleitung des Bauernverbandes, auch der leitende Direktor des AELF, viele Ehrenamtliche, Landwirte, Landrat Christian Meißner und vier Bürgermeister nahmen an der Diskussionsrunde teil.

Was brennt den Landwirten auf den Nägeln? Der BBV nannte da einiges: Gänsemanagement, Ausweitung der „Roten Gebiete“, neue Verordnungen aus Brüssel und die Frage nach einer funktionierenden Energie-Erzeugung in und für die Region.

Deftiges bei der Agrarpolitischen Schlachtschüssel
Landrat Christian Meißner (v. li.) mit Michael Bienlein und Gabriel Lieb beim Reizthema „Rote Gebiete“: „Jetzt haben wir den gleichen Sch...ß! Das ist doch von der Politik so gewollt!“ Foto: Monika Schütz

Seit rund 20 Jahren findet die Veranstaltung in der Gaststätte „Zum Löwen“ in Oberlangheim statt. Michael Bienlein informierte zum Gänse-Problem: Lichtenfels habe als erster Landkreis in Bayern seit Juli letzten Jahres ein Gänsemanagement.

Enorme Fraßschäden, unappetitliche Verunreinigungen und die Konkurrenz zu den heimischen Vogelarten, wenn es um Brutplätze oder Futterstellen gehen würde, hätten diesen Schritt notwendig gemacht. Mit Maßnahmen wie Abschuss und Gelegebehandlung (Anmerkung; Entwicklung eines Vogels wird bereits im gelegten Ei unterbunden) soll eine weitere Zunahme der Popuationen verhindert werden.

Deftiges bei der Agrarpolitischen Schlachtschüssel
Die Bürgermeister von Bad Staffelstein (3. Bürgermeister Dieter Leicht) , Hochstadt (Max Zeulner), Michelau (Jochen Weber) und Lichtenfels (Zweite Bürgermeisterin Sabine Rießner) sowie Harald Weber vom AELF hören aufmerksam zu und machen sich Notizen zu den angesprochenden Themen. Foto: Monika Schütz

Die „neu Zugezogenen“ fressen Felder und Wiesen ratzekahl, sie verunreinigen Flächen und Gewässer - da sie sich ja sowohl an Land, als auch im Wasser der Seen aufhalten. Der Name „Martin Goller“ wurde lobend genannt, ein Federwild-Jäger, und die Forderung nach einer Ausweitung der Abschuss-Zeit von derzeit 1. August bis 15. Januar auf 28. Februar.

Das würde auch nicht im Konflikt mit dem Bundesjagdgesetz stehen, erklärte Bienlein. Es ginge bei der Problematik nicht nur um weggefressenes Futter für Vieh, sondern auch um den hohen Selbstbehalt im Schadensfall: ein betroffener Landwirt müsste sogar mit einer bestehenden Versicherung 500 Euro jeweils selbst zahlen.

Die Sache mit dem Gänsekot

„Was habt ihr Gemeinden an Unkosten, oder welche Erfahrungen habt ihr bisher gemacht“, richtete sich Bienlein an die Vertreterin und Vertreter der Kommunen. Er bat sie, die Fragen in einer Dienstbesprechung zu klären. Gänsekot zu beseitigen sei nicht einfach und vor allem nicht schön. Viele kommunale Arbeiter würden schon eingesetzt.

Deftiges bei der Agrarpolitischen Schlachtschüssel
Landrat Christian Meißner (v. li.) mit Michael Bienlein und Gabriel Lieb beim Reizthema „Rote Gebiete“: „Jetzt habenwir den gleichen Sch...ß! Das ist doch von der Politik so gewollt!“ Foto: Monika Schütz

Der Landrat bat um „Amtshilfe“: „Wenn ihr mithelft, wäre das ein starkes Zeichen“, sprach er Sabine Rießner (Lichtenfels), Dieter Leicht (Bad Staffelstein) Jochen Weber (Michelau) und Max Zeulner (Hochstadt) direkt an. Man habe mit dem Gänsemanagement angefangen und hoffe, dass es wirke. „Für heuer kostet es, was es kostet - für nächstes Jahr sehen wir“, so der Landrat.

Und da wäre auch noch ein anderes Problem: Die große Menge Gänsekot verunreinige die Gewässer. Es bestehe Gefahr, das ein derart verschmutztes Wasser im Sommer noch schneller umkippe und den Fischbestand enorm gefährde.

Christian Meißners nächste Äußerungen betrafen die „roten Gebiete“. Dass die Ausweitung der Flächen hauptsächlich im Gebiet Burgkunstadt um fast 1000 Prozent zugenommen hatte, entnahme er der Info von Michael Bienlein. „Es ist die dritte Neu-Ausweisung innerhalb von fünf Jahren“, hatte dieser genannt. Das habe zu noch mehr Auflagen und Düngerreduzierung, also noch mehr Belastungen für die ohnehin schon von Vorschriften gebeutelten Landwirte, geführt, hießt es seitens des BBV. Außerdem zu noch mehr Gülle-Lagern, fügte BBV-Geschäftsführer Gabriel Lieb hinzu. Für den Herbst 2024 sei bereits eine erneuten Ausweitung angekündigt. Wie solle man da noch planen? „Bitte seht nach, ob ihr Mess-Stellen zur Verfügung stellen könnt“, rief er die Vertreter der Kommunen auf. Im Durchschnitt käme nur eine einzige Messstelle auf 12 Gemarkungen. „Das ist zu wenig!“, meinte Lieb.

Kritik an Brüssel geübt

„Rote Zone - wo kommt´s her? Aus Brüssel“, brummte der Landrat unerfreut und laut hörbar. „Warum haben wir nicht dagegen gehalten? Jetzt haben wir den gleichen Sch...ß. Das ist doch von der Politik gewollt“, wetterte er weiter. Doch dann gab er auch eigenes Fehlverhalten zu: „Ich schimpfe nicht nur auf Brüssel und den Bund. Hier im Landkreis sind die gleichen Probleme. Und ja, wir haben auch übertrieben und müssen wieder normaler werden“. Man könne Vorschriften erfüllen und über-erfüllen. „Aweng mehr passd scho - wäre besser gewesen“, meinte er. Neben der ungewollten Nitrateinbringung, Tiefe von Trinkwasserbrunnen und Nichtmachbarkeit mancher Punkte im KULAPprogramm stand auch noch die Energieversorgung der Region zur Diskussion: Hier brachte der Landrat das Amt für ländliche Entwicklung ins Gespräch, das mit seinem Regional-Werk den Windkraftausbau stärken und die Region mit einbinden will. Regional- das war auch das Stichwort für das anschließende traditionelle Schlachtschüssel-Essen.

Der BBV am Obermain

Der BBV, der Bayerische Bauernverband mit seiner Geschäftsstelle Lichtenfels-Coburg vertritt die Interessen von Landwirten, Forstwirten, Grundstückseigentümern und Jagdgenossen. Der Landkreis Lichtenfels hat eine Fläche von 51.995 Hektar, darunter 19.115 Hektar Forstfläche. 2021 gab es 849 landwirtschaftliche Betriebe (1990: 2305 Betriebe). Der BBV bringt die Belange seiner mehr als 1800 Mitglieder an die Öffentlichkeit und in die politischen Gremien. Mit eigenen Zeitschriften, regelmäßigen Veranstaltungen vom Stallgespräch bis hin zum Frühstück auf dem Bauernhof macht der BBV auf sich aufmerksam. Die Mitgliederzahl bliebe trotz demographischen Wandels und der Aufgabe von Höfen in etwa gleich wie in den Vorjahren, so Gabriel Lieb.
 

Von MonikA Schütz

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