„Wo geht die Tierhaltung im Landkreis Lichtenfels hin?“, lautete die Frage beim traditionellen Stallgespräch des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) im Landkreis Lichtenfels „Machen Sie sich selbst ein Bild unserer heimischen Tierhaltung!“, so der Appell bei der Infoveranstaltung auf dem Hof von Landwirt Ludwig Weis in Serkendorf.
Drastischer Rückgang bei den Betreibern mit Schweinehaltung
Carina Merdian vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Coburg-Kulmbach hatte am Dienstagmorgen aktuelle Zahlen dabei: Ganze acht Betriebe im Landkreis halten noch Muttersauen, zwei im Haupterwerb, sechs als Nebenerwerbs-Landwirte. Das sei ein drastischer Rückgang. Noch 1990, vor gut 30 Jahren also, waren es noch 257 Betriebe, im Jahr 2000 immerhin 128. Und nun (Stand: Dezember 2022) seinen ganze acht übrig geblieben.
Bei den Mastschweine-Betrieben im Landkreis sieht es laut Merdian nicht viel besser aus: 1990 hatten noch 939 Betriebe Mastschweine, im Jahr 2000 sank die Zahl auf 758, nun sind es nur noch 99 Betriebe.

„Alle reden vom Tierwohl und artgerechter Aufzucht von Tieren“, beklagt Marion Warmuth - aber nicht über die Kosten für die Auflagen. Die Kreisbäuerin ist mit BBV-Geschäftsführer Gabriel Lieb, Kreisobmann Lothar Teuchgräber und Carina Merdian zum Stallgespräch nach Serkendorf gekommen.
Das meiste Futter stammt aus eigenem Anbau

Hier hat Ludwig Weis drei große Ställe: einen großen ausgelagerten Ferkelstall, einen kleineren Mastschweinestall und einen Wartestall für hochtragende Muttersäue zur Niederkunft. Seine Tiere versorgt der Landwirt mit Futter aus dem eigenen Anbau: Auf 50 Hektar wachsen Sommer- und Wintergerste, Triticale und Hülsenfrüchte. Manchmal kauft er Getreide dazu, Mineralstoffe und Sojaschrot würden sowieso zugekauft, das habe sich in vielen Jahren so bewährt.
„Seit 1600“: Die Familie führt den Betrieb in der 13. Generation
Ludwig Weis ist vom Fach: Der 48-Jährige ist Landwirtschaftsmeister und führt den Hof zusammen mit Vater Wolfgang ((82 Jahre) in der 13. Generation. „Seit 1600“, weiß Opa Wolfgang. Sohn Jakob steht schon in den Startlöchern, erzählt Papa Ludwig nicht ohne Stolz. Dieser Sohn lernt im zweiten Ausbildungsjahr auf einem landwirtschaftlichen Hof im Nachbarland-Kreis und könnte später mal in Serkendorf mit einsteigen. Wenn man ihn lasse, heiß es.

Während des Gesprächs ist die kleine Gruppe beim Außenstall der Familie Weis angekommen. Neun Jahre ist dieser alt und nach den 2013 geltenden Vorschriften gebaut worden. Rings um den Eingangsbereich haben die Weis´ einen Schutzzaun ziehen müssen. Schutz vor Schweinepest, so gibt es die Gesetzgebung, Schutz vor Wildschweinen also, die vom nahen Wald herlaufen könnten.
Auch sonst ist alles vorgeschrieben: Welche Schutzkleidung die Besucher anziehen müssen, sei es Tierarzt oder – wie an diesem Tag – eine kleine Gruppe von BBV, AELF und Pressevertretern.
Vorschriften: In absehbarer Zeit wird sich wieder einiges ändern
So weit, so gut. Doch wird sich hier in absehbarer Zeit einiges ändern. Ein neues Gesetz zwinge die Muttersauenhalter zum „Nachbessern“, was die Größe der Schweinebuchten anbelangt. Bis 2029 müsse jeder Sau nach dem Abferkeln eine Fläche von fünf (bisher drei) Quadratmetern Platz nachgewiesen werden, bei den Ferkeln selbst seien die Boxengrößen von der Entwicklung, sprich vom Gewicht der Tiere abhängig, größer zu machen, informierten die Experten vom BBV.

Eine Sau habe rund 25 Ferkel pro Jahr. Das seien im Durchschnitt zwölf pro Wurf, zählt Landwirt Weis auf. Von Natur aus habe ein Schwein sogar noch mehr Zitzen, um ihren Nachwuchs säugen zu können.
„Saugemütlich“: Ferkel und Schweine haben viel Platz und Freiraum
In seinen Ställen ist viel Platz: Altersgerecht zusammenlebend, spielen die Kleinen und Großen mit ihrem bunten Spielzeug, können sich selbst an den Futterschalen und Wasserspendern bedienen oder ruhen. Saugemütlich also. Sie leben auf 1300 Quadratmetern, die Ställe innerorts sind je 400 Quadratmeter groß.

Für Bauer Weis werden bald unruhige Zeiten anbrechen. Und auch für alle anderen deutschen Schweinebauern. Der bis 2029 geforderte Umbau müsse nämlich schon in einem Jahr als Entwurf auf den Schreibtischen der zuständigen Landratsämter liegen, wurde am Dienstag erläutert. Er müsse finanziert werden können, obwohl manch einer noch gar nicht die Baukosten vom aktuellen Stall abgezahlt habe, so die Klage. Und es gebe keinen Garantien, wie lange dann dieser neue „Gesetz-entwurf“ vorhalte. Vielleicht wieder nur ein paar Jahre?
„Es gibt keine
Planungssicherheit
für unsere Landwirte.“
„Es gibt keine Planungssicherheit für unsere Landwirte“, ist Kreisbäuerin Marion Warmuth verärgert und enttäuscht. Und sie hat einen deutliche Anklage: „Wir haben kein Fachpersonal in den Gremien!“

Ludwig Weis hatte das Schlusswort: „Wir waren schon immer die Getriebenen - also heißt es wachsen oder weichen!“. Dabei stehe beim ihm ein stolzes „5 S“ auf der Fahne: in Serkendorf geboren, aufgewachsen, gemästet, geschlachtet und vermarktet.
Sollte bald noch einer der hiesigen Landwirte aufhören müssen? Schon jetzt komme viel Schweinefleisch aus dem Ausland: Die in Deutschland erzeugten Schnitzel, Schinken und Lenden reichten bei weitem nicht für den Bedarf. „Und in den Importländern Spanien und Dänemark fragt keiner nach den Aufzuchtbedingen“, hatte Gabriel Lieb schon eingangs gesagt.
