aktualisiert:

MARKTGRAITZ

Starkbierfest zum Josefitag in Marktgraitz

Starkbierfest zum Josefitag in Marktgraitz
Die starken Damen beim Seidla-Stemmen. Foto: Roland Dietz

1981 fand in Marktgraitz zum ersten Mal ein Starkbierfest statt, was dann fast alle Jahre wiederholt wurde. Nachdem Corona dies die vergangenen drei Jahre verhindert hatte, war es jetzt wieder einmal so weit.

Ein Starkbier oder Bockbier ist ein Bier, dessen Stammwürzegehalt über 16 Prozent liegt. Es hat 6,5 Prozent Alkohol oder mehr. In Marktgraitz wurde der „Abt Knauer-Bock“ ausgeschenkt, dazu gab es Weißwürste mit Laugengebäck und Musik von der Marktgraitzer Blaskapelle, die mit dem Frankenlied-Marsch einen tollen Einstieg in den Starkbierabend fand. Unterhaltsame, fast konzertartige Blasmusik, markige Wettbewerbe mit viel Klamauk und eben kulinarische Feinheiten in flüssiger und fester Form.

Wettsägen, Seidla-Stemmen und der „Böhmische Traum“

Pfarrer Lars Rebhan zeigte beim Wettsägen seine Wurzeln als kerniger Frankenwälder und holte mit seinem Partner Dr. Johannes Denk einen sehr guten dritten Platz. Bürgermeister Jochen Partheymüller und Sohn Laurenz werden im nächsten Jahr den nächsten Versuch starten müssen, um aufs Treppchen zu kommen. Dort standen Dietmar Geßlein und Michael Herrmann ganz oben. Und auch die Stimmung stieg. Bei der „Böhmischen Liebe“, dem „Böhmischen Traum“ und „Auf der Vogelwiese“ klatschte und sang alles begeistert mit.

Starkbierfest zum Josefitag in Marktgraitz
Pfarrer Lars Rebhan (li.) und sein Partner Dr. Johannes Denk beim Baumstamm-Wettsägen. Foto: Roland Dietz

Über sechs Minuten schaffte es Stefan Schmölzing, einen mit Wasser gefüllten Maßkrug mit ausgestrecktem Arm zu halten, und gewann so das Maßkrug-Stemmen vor Johannes Müller von der Feuerwehr und acht weiteren Kandidaten. Ein Spektakel war auch das Seidla-Stemmen der Damen. Hier hielten Katja Beier, Denise Partheymüller und Marina Ultsch am längsten durch. Für die Siegerinnen und Sieger gab es kleine Geschenke, natürlich in kulinarischer Form. Ein gelungener Abend, der nach einer Fortsetzung ruft.

Bis 1968 ein bayernweiter Feiertag mit eigenen Bräuchen

Da dem Starkbierfest ein festlicher Josefi-Gottesdienst vorausging, stellte sich dem Betrachter die Frage, ob beides zusammengehört. Und das lässt sich mit „Ja“ beantworten. Josefi, auch Josefstag genannt (19. März), ist dem heiligen Josef von Nazareth gewidmet. Der heilige Josef ist nach seinem aus der Bibel überlieferten Beruf als Zimmermann auch der Patron der Arbeiter, insbesondere der Handwerker, hier wiederum der Zimmerer und Schreiner.

Starkbierfest zum Josefitag in Marktgraitz
Toll aufgelegte Musiker aus Marktgraitz brachten klasse Stimmung in das Starkbierfest. Foto: Roland Dietz

Sein Namenstag wird seit dem neunten Jahrhundert begangen. Aber erst 1621 wurde der 19. März als Josefstag von Papst Gregor XV. zum allgemein gebotenen kirchlichen Feiertag erklärt. Bis ins Jahr 1968 war dieser Tag ein bayernweiter Feiertag.

In Bayern erfolgt an Josefi traditionell oft ein Bieranstich, der die Starkbierzeit mit ihren Festen einläutet. Seit der Feiertag abgeschafft wurde, werden damit verbundene Bräuche kaum mehr ausgeübt. So wurden früher jungfräuliche Mädchen mit Blumen beschenkt, mal in Form eines Blumenkranzes, um die Jungfräulichkeit zu bewahren, mal in Form eines Blumenstraußes, um das Gegenteil zu bewirken.

Starkbierfest zum Josefitag in Marktgraitz
Wenn der Vater mit dem Sohne: Laurenz (li.) und Jochen Partheymüller. Foto: Roland Dietz

Ein alter Brauch der Zimmerer im süddeutschen Raum war die Weihe des so genannten Baumwollbrotes an Josefi. Es bestand aus vier runden, zusammengebackenen Hefeteig-Broten mit vielen Rosinen. In Deutschland wird, wo es möglich ist, bis heute Tabak traditionell am Josefstag ausgesät. Der Tag galt als Beginn der Wachstumsperiode und als Winterwende hin zum Frühling.

Die erste Biergartenmaß der Saison und letzter Ruhetag für die Bauern

Zu diesem Tag ließen sich die jungen Burschen auch die erste Biergartenmaß der Saison schmecken. Damit kam eine neuer Brauch zum Aufschwung: das Starkbierfest. Ein besonders Bier hatte es zu dieser Zeit schon länger gegeben. Kurz betrachtet könnte man sagen, der Josefitag wird eher mit dem starken Gerstensaft als mit dem heiligen Josef in Verbindung gebracht, der religiöse Bezug ist in den Hintergrund getreten.

Starkbierfest zum Josefitag in Marktgraitz
So sehen Siegerinnen aus (v. re.): Katja Beier, Denise Partheymüller und Marina Ultsch. Foto: Roland Dietz

Es war schon vor 100 Jahren ein letzter willkommener Ruhetag für die Bauern, ihre Knechte und Mägde, bevor es nach dem Winter wieder mit der schweren Feldarbeit losging. „Wenn's erst amol Josefi is, endet auch der Winter g'wiss“, lautet eine alte Bauernregel, „Ist es zu Josefi klar, wird es ein gesegnet Jahr“ eine andere. So wurde am Josefitag noch einmal getanzt, gut getrunken und gegessen.

„Wenn's erst amol Josefi is, endet auch der Winter g'wiss.“
Bauernregel

Seit jeher galt in der katholischen Kirche der Grundsatz: „Flüssiges bricht das Fasten nicht.“ Dennoch sollte man eine dabei immer wieder erzählte Geschichte vielleicht nicht so ernst nehmen. Meist wurde in den Klöstern bei den Mönchen Bier gebraut. Und in der Fastenzeit wurde ein vollmundiges, gehaltvolles und schmackhaftes Bier produziert. Doch es gab der Erzählung nach Zweifel. Verstößt ein solch herrlicher Trunk nicht gegen das Fastengebot?

Starkbierfest zum Josefitag in Marktgraitz
Starke Männer beim Maßkrugstemmen. Foto: Roland Dietz

Die Qualität dieses Bieres aus Bayern und Franken hatte sich wohl bis zur Kurie in Rom herumgesprochen, und es sollte doch mal probiert werden. Um sich abzusichern, war man bereit, mit ein paar Fässern des Bieres nach Rom zu fahren, damit der Papst persönlich probiere und entscheide. Auf der wochenlangen Reise wurde das Bier kräftig durchgeschüttelt, alpiner Eiseskälte und warmer italienischer Sonne ausgesetzt. Darum erreichte ein völlig verdorbenes und gekipptes Gebräu den Heiligen Vater. Nachdem er probiert hatte, lobte der Papst die Leidensfähigkeit seiner bayerischen Brüder in der Fastenzeit und gab das Starkbier als Fastentrunk frei.

Der Josefitag wurde nun mit diesem Starkbier gefeiert, und die Josefs, Sepps, Jupps und natürlich Josefas und Josefinen konnten sich über Freibier freuen.

 

Von Roland Dietz

Weitere Artikel