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SCHMÖLZ

30 Jahre Schmölzer Bluestage

30 Jahre Schmölzer Bluestage
Rund 200 Fans waren begeistert vom explosiven Sound von „Taucher´s Rock´n´Roll Circus“. Fotos: Stephan Stöckel.

„Blues Is My Business – der Blues ist mein Geschäft“, sang Robbin Kapsalis am ersten Abend der Schmölzer Bluestage. Ihre Worte waren keine Lippenbekenntnisse, sondern gelebte Realität.

Wie in Ekstase und mit tiefschwarzer Stimme fauchte und röhrte die füllige Amerikanerin von der ersten Sekunde an auf einem brodelnden Blues- und Funkvulkan, den die „Fat Larry Band“ und der englische Mundharmonikavirtuose Giles Robson für sie ausgebreitet hatten. Und das Publikum? Die 200 Fans (am anderen Tag waren es ebenso viele) lagen ihr von Beginn an zu Füßen. Der gut geölte Musikmotor ließ sie ausgelassen schwofen oder bei ruhigeren Slow-Blues-Nummern eng umschlungen tanzen.

„Es ist mein erster Auftritt in Deutschland. Ich liebe es, hier zu sein.“
Robbin Kapsalis

Die Sängerin, die in England eine zweite Heimat gefunden hat, fühlte sich wohl in dem kleinen fränkischen Dorf, das für sie eine ganz besondere Bedeutung hat. „Es ist mein erster Auftritt in Deutschland. Ich liebe es, hier zu sein“, sagte sie sichtlich bewegt, während sie im Applaus des Publikums badete.

30 Jahre Schmölzer Bluestage
Fat Harry brachte die Saiten seiner Gitarre zum Glühen, Robbin Kapsalis ihre Stimmbänder.

Eine Weltpremiere in der fränkischen Provinz? Auf diese Frage gab es für Thomas Karger, der zusammen mit Uwe Angermüller die Bluestage seit 30 Jahren ehrenamtlich auf die Beine stellt, nur eine Antwort: „Wir haben uns einen Namen gemacht in der Szene.“ Nicht nur bei den Musikern, sondern auch bei den Musikliebhabern. Sogar aus Sachsen-Anhalt reisten sie an, um drei abwechslungsreiche Tage zu erleben.

Aus Nordhausen angereist

Jens Lange (62) aus Nordhausen schätzt die familiäre Atmosphäre. Zudem stellte er fest: „Hier kann man noch musikalische Entdeckungen machen.“

Man kann in Schmölz aber auch als Fan plötzlich neben einem Profi auf der Bühne stehen. Werner Strätz, Hobbygitarrist aus Kirchlauter in Unterfranken, hat diese Erfahrung gemacht. Der Fan der ersten Stunde, der bislang kein Festival versäumt hat, zückte voller Stolz sein Handy und zeigte Bilder, die ihn mit der dänischen Band „Risager“ 2010 auf der Bühne zeigten. An ein früheres Motto der Bluestage kann er sich noch erinnern: „Und wieder tönt es aus dem Gehölz: heute Bluestage in Schmölz.“

Rustikaler Bluesrock

30 Jahre Schmölzer Bluestage
Die Fans waren beim Auftritt von Robbin Kapsalis aus dem Häuschen. Foto: Stephan Stöckel Stephan Stöckel

Aus einem rustikalen Bluesrockholz ist Jahrzehnte später das Berliner Trio „Dodge Boogie“ geschnitzt. „All I Need Is A Rock´n´Roll-Band“, sang Sänger und Gitarrist Peter Schmidt lautstark im „Rose Tattoo“-Klassiker „Rock´n´Roll Outlaw“. Ein Satz ganz nach dem Geschmack all jener, die einen Mix aus Blues, Boogie und Hardrock lieben. Sie fühlten sich im Berliner „Blues-Dodge“ pudelwohl, den neben Schmidt Andrzej Kownacki (Schlagzeug) und Gregor Avinarius (Bass) antrieben.

Am Samstagabend hieß es „Manege frei für Taucher´s Rock´n´Roll-Circus“. Die Musikartisten aus Italien waren kaum zu bändigen. Pietro Taucher an der Hammond Orgel, Gitarrist Enrico Grivellano, Schlagzeuger Franco del Monego und Vollblutsängerin Chiara Luppi düsten mit Überschallgeschwindigkeit durch die Geschichte der Rockmusik. Als sich Luppi beim Janis-Joplin-Klassiker „Piece Of My Heart“ die Seele aus dem Leib schrie, bebte das Festzelt regelrecht.

Ein Hit jagte den nächsten: von „Nutbush City Limits“ (Ike and Tina Turner) über „Get Back“ („Beatles“) bis hin zu „Seven Nation Army“ („White Stripes“). Letzteren Song verwandelten die vier Musikanten in eine Lärmorgie, die im Publikum für offene Münder sorgte.

Zu viele Dezibel

In der Brust von Veranstalter Uwe Angermüller schlagen zwei musikalische Herzen: das eine für den Blues, das andere für den Metal. Der Schmölzer streifte sich seine alte Metalkutte über und kündigte mit „Hammersmith“ aus Mannheim eine tolle „Motörhead“-Coverband an. Backenbart, Cowboyhut und Sonnenbrille – Crazy Cris (Gesang und Gitarre) glich seinem Idol Lemmy wie ein Ei dem anderen. Gemeinsam mit Cris Steele Stalla (Leadgitarre) und Mr. Joe Werry (Schlagzeug) ließ er einen Klassiker nach dem anderen vom Stapel. „Ace Of Spades“ oder „Overkill“ – man fühlte sich wie bei einem richtigen „Motörhead“-Konzert.

Unwohl fühlten sich hingegen die Bluesliebhaber, denen die Metalmusik ein paar Dezibel zu laut war. Während die Hard´n´Heavy-Gemeinde noch feierte, traten sie bereits den Nachhauseweg an. Letztere kamen am Sonntag wieder, um mit einem zünftigen Bluesfrühschoppen das Festival ausklingen zu lassen.

 

Von Stephan Stöckel

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