Die Bühne war gerichtet. Viel gab es nicht darauf zu sehen. Zwei Stühle, ein Tisch mit zwei Maßkrügen, Akkordeon, Posaune. Gitarre und Ukulele vor einem weißen Vorhang. Doch mehr brauchte es nicht, denn die Hauptattraktion waren die beiden überaus gut aufgelegten Darsteller. Lorraine Beran und Franz Zwosta, stilecht gekleidet, führten durch einen mehr als nur bunten Abend im Brückentheater im Kurpark von Bad Staffelstein.
Dabei stand immer das Motto im Vordergrund: „Was Sie schon immer über Franken wissen wollten, aber sich nie getraut haben zu fragen.“ Und Fragen gab es viele. Doch nicht aus dem Publikum, das sich anfangs nicht so wirklich traute. Nur eine Stimme ertönte. „Warum mögt ihr hier die Bayern nicht?“ – „Weil wir Franken sind!“, kam aus dem Publikum als Antwort.
Luther und das Hochdeutsche
Besonders die Sprache brachte so ihre Probleme mit sich. „Wenn ihr in die Städte geht, dann findet ihr doch kaum jemanden, der wirklich noch Fränkisch spricht“, meinte Lorraine Beran. „Daran ist der Luther schuld! Der hat damals die Bibel ins Hochdeutsche übersetzt, und so kam nach und nach das Hochdeutsche immer mehr in Mode.“ Wäre Luther Franke gewesen, so wäre Fränkisch heute das Hochdeutsch und Hochdeutsch ein Dialekt, war sich Franz Zwosta sicher.
„Und das Alphabet wäre auch leichter, es fehlen ja zwei Buchstaben“, grinste er. In der Tat, klingt doch „b“ und „p“ sowie „d“ und „t“ im Fränkischen gleich. Jemand aus dem Publikum merkte dazu an: „Es gibt im Fränkischen nur ein Wort mit hartem T: Senft!“
„Fregger“ und Bürgermeister
So sangen sich die beiden wortgewandt durch den Abend. Begrifflichkeiten wurden erklärt. Was bitte ist ein „Fregger“? Das kann eine liebevolle Bezeichnung vor allem für ein Kleinkind sein, aber auch eine Bewunderungsäußerung für jemanden, der etwas schafft, was man ihm nicht zutraut. Oder aber auch eine abfällige Äußerung über einen Menschen, der eher in der Kriminalität anzusiedeln ist. „Was ist der Unterschied zwischen einem Fregger und einem Bürgermeister?“, fragte Zwosta. In einem Lied gab es die Erklärung, als der Bürgermeister einen Zoo besuchte und am Ende mit dem Affen im Käfig die Plätze tauschte.
Ein großes Thema: Bier. Es gibt, so Beran, im Fränkischen die größte Brauereidichte und auch die meisten Biersorten. „Nüchtern betrachtet kann man die nicht alle trinken“, gab Zwosta seinen Senf, pardon, Senft, dazu. Beim Bier würden die fränkischen Männer so richtig romantisch. Und vergessen darüber im Wirtshaus gerne die Zeit. Es wird eine Frage niemals gestellt: Wie spät ist es auf der Wirtshausuhr? Was bewiesen die beiden liedhaft: Jedes Mal fand man eine Ausrede, noch zu bleiben, bis man sturzbetrunken doch endlich nach Hause wankte.
Die wahren Preistreiber
Was zu der Frage führte, wie es denn mit dem Bezahlen wäre? „Wirt, was bin ich schuldig? Aber zahl'n du mer fei net“, sang man sich durch die Fragen nach der Bezahlung, wobei man feststellte, dass im Fränkischen Essen und Trinken noch bezahlbar sei. Die wahren Preistreiber seien andere: Tankstellen, Vermieter und vor allem das Finanzamt. „Der Steuersatz ist unser Graus, drum treten wir aus der Steuer aus.“ Wenn das mal so einfach wäre.
Die Kerwa. Oder Kirchweih. Auch in Orten ohne Kirche gefeiert. Wo es zum Teil auch recht eigentümliche Bräuche gebe und man auch von Haus zu Haus ziehe, um ein „Trinkgeld“ oder auch einen Schnaps zu bekommen. Dabei werde allerhand Schabernack getrieben, aber nicht zu deftig, denn man will ja auch bei der nächsten Kerwa wieder seinen Schnaps abholen.
Die ultimative Liebeserklärung
Was zur Musik führte, denn gerade auf der Kerwa spielen immer die Blaskapellen. „Nicht nur, aber das ist halt Tradition. Und dann wird auch getanzt“, was Lorraine Beran eindrucksvoll vorführte, sehr zur Freude des Publikums. Schrecksekunde: Sie stolperte, weil sich einer ihrer Schuhe im Rock verfing, aber alles ging gut.
Weiter über die Eigenheiten beim Essen und über die Liebe, wobei man feststellte, dass der fränkische Mann relativ enthusiastisch seine Liebe bekunden kann. „Ich mag dich fei sehr“, das ist schon die ultimative Liebeserklärung an die Frau.
Mit Simultanübersetzung

In einem weiteren Lied stellte man fest, dass der Mann oft „unnerm Schlabben“ stehe. Anna Maria Geier, die ihren Mann drangsaliert. Dabei wurde dann, vor allem für die, die des Fränkischen nicht so mächtig waren, durch Lorraine Beran eine Simultanübersetzung dargeboten. Vor allem im Hinblick auf den Ersteller des Berichtes, den man als Nicht-Franken identifizierte.
„Selbst die ärmste Sau auf Erden, kann im Himmel noch ein Engel werden“, war das Fazit am Ende des Liedes.
Natürlich durfte auch die Landschaft nicht unerwähnt bleiben. „Franken ist ja ein Geheimtipp“, meinte Zwosta. „Ich versteh nicht, warum das keiner weiß.“ Und da stellte man fest, dass das Frankenlied von einem sogenannten „Neig'schmeckten“ gedichtet worden ist. Viktor von Scheffel, der ja aus Karlsruhe stammt, hat den Text geschrieben. Und natürlich wurde es auch gesungen, dabei erwies sich das Publikum als äußerst textsicher. In einer abgewandelten Form wurde dann die am Wochenende völlig überlaufene Fränkische Schweiz zum Thema.
Es gebe, so Zwosta, natürlich auch in Franken Spitzbuben. Und früher hätten diese auch die Gelegenheit gehabt, sich vor dem Galgen zu retten, indem sie eine der „Jungfrauen“ im Ort heirateten, was dann Thema eines Liedes war. „Keine Bange, das Lied geht gut aus“, beruhigte Zwosta. Es stellte sich im Lied heraus, dass all die angebotenen Jungfrauen von der Art waren, dass sich der Verbrecher lieber aufhängen ließ. „Und wieso geht das Lied gut aus?“, war die Frage. „Weil keine der Frauen einen Verbrecher heiraten musste.“
Das Problem mit der Zugabe
Schnell ging der Abend vorbei, bis sich die beiden verabschiedeten und einen Moment etwas verloren auf der Bühne standen. „Na, wenn uns keiner mehr mag, gehen wir.“ Einzig der Rheinländer im Publikum schien zu wissen, was erwartet wurde, und rief laut nach einer Zugabe. „Wollt ihr euch das gefallen lassen? Der Auswärtige ist der Einzige, der ne Zugabe will“, lachte Zwosta.
Und da schien auch das Publikum zu begreifen, was gefragt war. Es stimmt halt doch nicht ganz, wenn es heißt „nicht gemeckert ist Lob genug“. Zwosta und Beran ließen sich nicht lange bitten und erfüllten den Wunsch nach einer Zugabe. Und man ging nach Hause, mit vielen geklärten und doch noch mehr ungeklärten Fragen.
Von Werner Diefenthal