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BAD STAFFELSTEIN

Photovoltaik-Freiflächenanlagen: Was ist vertretbar?

Wie viele Photovoltaik-Freiflächenanlagen verträgt das Staffelsteiner Land? Und wo sollten weitere entstehen? Foto: Markus Drossel

Photovoltaik-Freiflächen: Sie nötig sie auch höchstwahrscheinlich für das energiehungrige Deutschland sind, so umstritten sind sie auch, rauben sie doch der Landwirtschaft mitunter wertvolle Äcker – und damit nach und nach die Lebensgrundlage. Doch welche Alternativen gibt es für derartige Projekte im Staffelsteiner Land? Und warum gibt es rund um die Adam-Riese-Stadt noch so wenig Areale, auf denen Energie aus Sonneneinstrahlung gewonnen wird?

„Wir stehen im regen Austausch mit der Firma IBC Solar, die ja einer der Pioniere der Photovoltaik in Deutschland ist. Udo Möhrstedt als Gründer hat lange Jahre die Bundeskanzlerin beraten, und als ehemaliges Mitglied unserer Fraktion steht er uns natürlich weiterhin mit Rat zur Verfügung“, antwortet Stefan Dinkel für die CSU auf Nachfrage dieser Redaktion. „So gibt es inzwischen entspiegelte Module die auch in einer Altstadt möglich sind, es gibt Module unter denen landwirtschaftliche Flächen erhalten bleiben können.“ Aber natürlich würden sich die Christsozialen der Thermenstadt sich mit Windenergie beschäftigen und denken im Bad Staffelsteiner Stadtgebiet auch mögliche Windflächen an, immer unter Berücksichtigung von Mensch und Natur.

Könnten Agri-Photovoltaik-Anlagen die bessere Alternative sein?

Für die SPD sind Freiflächenanlagen maximal die zweitbeste Wahl. Wenn überhaupt. „Wir sehen in den Dachflächen ein sehr großes Potenzial. Die Flächen sind vorhanden und es kommt bei der Nutzung zu keinem zusätzlichen Flächenverbrauch“, so Dieter Leicht. „Wir haben deshalb einen Antrag auf Diskussion zur Erstellung eines Solar- beziehungsweise Photovoltaik-Potenzialkatasters für die Stadt Bad Staffelstein gestellt.“ Außerdem hat Dieter Leicht im Gespräch mit dieser Redaktion schon einmal den Blick auf Agri-Photovoltaik-Anlagen gelenkt. Die Module sind dabei nicht bodennah angebracht, sondern in Ständerbauweise über der Ackerfläche. Diese kann dadurch weiter kultiviert werden.

Grundsätzlich den Wunsch des Eigentümers der Fläche respektieren

Auch für Werner Freitag (Grüne/SBUN) und Christian Ziegler und die Jungen Bürger ist diese Art der Photovoltaik-Freiflächenanlage mehr als nur eine Überlegung wert. „Gerade die Agri-PV-Anlagen stellen eine gute Alternative dar“, meint Ziegler. „Hier ist Landwirtschaft weiterhin möglich und es ergibt sich eine Symbiose aus landwirtschaftlichen Interessen und Energiegewinnung.“ Außerdem wäre aus JB-Sicht ein Mix mit Windenergie zu begrüßen. „Eine Verbindung bei Versorgungslücken könnte die Wasserstofftechnologie sein.“ Freitag hätte zudem gerne mehr Solaranlagen auf Dächern.

Gerade CSU-Stadtrat Jürgen Hagel und Freie-Wähler-Fraktionschef Winfried Ernst sehen es mit Sorge, dass der Landwirtschaft immer mehr Flächen entzogen werden. Doch wie verhindern? „Grundsätzlich steht es natürlich jedem Eigentümer einer Fläche frei, darüber zu entscheiden wie er diese nutzt“, sagt Stefan Dinkel. „Wir verstehen auch den Wunsch, gerade in der aktuellen Situation, damit so viel Geld wie möglich zu erwirtschaften.“ Doch diese monetären Überlegungen könnten zum Problem werden: „ Wir können hier nur appellieren, neben der Versorgung mit Energie auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln nicht zu vergessen. Und dafür sind unsere Bauern und Flächen, die diese bewirtschaften können, unbedingt zu unterstützen.“ Der Stadtrat könne nur bei der Ausgestaltung eines Bebauungsplanes Einfluss nehmen, wie die Anlage gebaut wird, ob eine Beweidung der Fläche möglich wird, oder eventuell sogar eine anderweitige Bewirtschaftung.

Auch Christian Ziegler (JB) betont, dass grundsätzlich die Interessen des Eigentümers respektiert werden sollten. „In einer Begrenzung der maximal belegbaren Ackerflächen mit Photovoltaik-Freiflächenanlagen, könnte ein guter Kompromiss gefunden werden“, ist er sich sicher.

Photovoltaik-Freiflächenanlagen: Was ist vertretbar?
Eine Photovoltaik-Freifläche im Staffelsteiner Land. Foto: M. Drossel

Mit Agri-Photovoltaik könnten sich auch die Freien Wähler im Stadtrat gut anfreunden. „Für Agri-Photovoltaik-Anlagen finden sich derzeit in unserer Gegend angesichts der sehr hohen und damit für den Errichter unwirtschaftlichen Herstellungskosten keine Investoren“, bedauert jedoch Volker Ernst. „Diese Form der Stromgewinnung eignet sich besonders für Dauerkulturen wie Obst- und Weinanbau, nicht aber für den Bereich des bei uns üblichen Feldbaus, wo angesichts der Größe der eingesetzten Maschinen extrem hohe Konstruktionen notwendig wären.“

Aufdachanlagen reichen für das Stillen des Energiehungers nicht aus

Deshalb liegt sein Fokus woanders: auf Aufdachanlagen. „Sie sind für Gewerbeneubauten bereits ab 1. Januar 2023 vorgeschrieben“, erläutert er. „Im übrigen ist es jedoch die Entscheidung jedes einzelnen Grundstückseigentümers, ob er eine solche Anlage errichten möchte, so dass für den künftigen Strombedarf diese Anlagen nur eingeschränkt zur Verfügung stehen.“ Aufdachanlagen könnten laut Ernst den Strombedarf in Deutschland nicht decken, „so dass Freiflächenanlagen notwendig bleiben.“

Von Seiten der Fraktion von Grüne/Staffelsteiner Bürger für Umwelt und Naturschutz heißt es: „Den größten Flächenverbrauch haben wir durch Gewerbegebiete und Verkehrsflächen. In Bayern haben wir täglich einen Flächenfraß von zehn Hektar, und der wird der Landwirtschaft entnommen. Freiflächen-Photovoltaik ist da nur ein Randthema.“ Volker Ernst (FW) merkt an: „Die Konkurrenz zwischen dem Flächenbedarf von Landwirten und PV-Freiflächenanlagen ist unstreitig vorhanden. Es ist aber auch festzustellen, dass zahlreiche, vor allem Nebenerwerbs- Landwirte, derzeit ihren Betrieb aufgeben, da entweder kein Hofnachfolger vorhanden ist oder da sie aufgrund ihrer Hofgröße nicht mehr wirtschaftlich produzieren können.“ Die Verpachtung von Flächen für Photovoltaik-Anlagen sichere ihnen dann einen guten Nebenverdienst. „Die zusätzlich frei werdenden Flächen können von anderen Haupterwerbslandwirten genutzt werden.“

„Wenn die Frage auf der Suche zu einem Kompromiss so einfach zu beantworten wäre!“: Wichtig sei, so Dritter Bürgermeister Dieter Leicht (SPD), immer das Gespräch mit allen Beteiligten zu suchen. „Wir sind im Konflikt auf der einen Seite die wichtige Nahrungsmittelproduktion und auf der anderen der Bedarf nach erneuerbarer Energie. Beides unerlässliche Faktoren, wie uns die jüngste Entwicklung mehr als verdeutlichte. Deshalb sollte man aus unserer Sicht unter anderem für landwirtschaftliche Flächen eine maximale Anlagengröße festlegen.“

Soll es eine prozentuale Obergrenze geben?

Photovoltaik-Freiflächenanlagen: Was ist vertretbar?
Eine Photovoltaik-Freifläche im „Gottesgarten“ bei Oberbrunn. Foto: M. Drossel

Insgesamt hinkt Bad Staffelstein in Sachen Photovoltaik-Freiflächen anderen Kommunen deutlich hinterher. „Derzeit sind nur Anträge zum Bau von PV-Anlagen vorhanden, die etwa 0,69 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche des Stadtgebietes betreffen, also 36 von 5182 Hektar“, führt Volker Ernst namens der Freien Wähler aus. Eine Obergrenze gibt es derzeit nicht. „Wir würden uns nicht auf eine prozentuale Obergrenze festlegen wollen, wie dies andere Kommunen gemacht haben“, meint Stefan Dinkel (CSU). „Jede angedachte Fläche verdient es, geprüft zu werden. Ob in unserem Stadtgebiet ein oder zwei Prozent der Fläche geeignet ist oder weniger oder noch mehr, kann man nicht pauschal bestimmen.“

„Andere Kommunen legen hier von zwei bis fünf Prozent fest. Dieser Bereich ist auch für unser Stadtgebiet vorstellbar“, findet Christian Ziegler (JB). Aber: „Dazu müsste uns die tatsächlich im Ackerbau zur Verfügung stehende Fläche genannt werden.“ Dieter Leicht (SPD) dazu: „Es geht um eine gerechte Verteilung im Stadtgebiet. Wir würden die Flächenbegrenzung aber nicht an der Gesamtgröße des Stadtgebietes, sondern am Anteil der landwirtschaftlichen Flächen in den jeweiligen Stadtteilen festmachen.“ Wobei fünf Prozent nicht überschritten werden sollten. Gar nicht auf eine Zahl festlegen möchten sich die Grünen: „Wir sollten uns da einen Freiraum lassen“, argumentiert Werner Freitag. „Nach der Nutzung kann die Fläche problemlos wieder zu einer Ackerfläche werden.“ Industriebauten zurückzubauen und wieder landwirtschaftlich zu nutzen, sei ungleich schwieriger. Aus Freie-Wähler-Kreisen heißt es: Nach heutigen Verhältnissen dürfte eine Grenze von zwei Prozent der landwirtschaftlichen Fläche des Stadtgebietes sinnvoll und ausreichend sein.

Von Markus Drossel

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