Im Buchstaben „o“ des Festivalnamens hat sie sich auf dem Plakat versteckt – die Zahl 15. Seit 15 Jahren ist die Festung Rosenberg in Kronach das Mekka für alle Musikfreunde, die auf Hardcore, Punk und Ska stehen.
„Wir wollen das Jubiläum unseres Festivals ,Die Festung rockt‘ nicht an die große Glocke hängen“, spricht die Bescheidenheit aus Samuel Rauch, dem Leiter des Kronacher Jugend- und Kulturtreffs „Struwwelpeter“. An seinem halbrunden Geburtstag findet das Freiluftspektakel an zwei Tagen statt: am Freitag, 27. Mai, und am Sonntag, 28. Mai. Jeweils 2800 Besucher werden an beiden Tagen erwartet. Für den Freitag sind noch 220, für den Samstag 270 Karten erhältlich.
Hat sich der Veranstalter zu seinem Wiegenfest mit dem zweiten Festivaltag selbst beschenkt? Die Idee, wiegelt der 42-jährige Bad Staffelsteiner ab, sei dem Konzertteam schon seit Jahren durch den Kopf geschwirrt. Die Corona-Pandemie, die dem Open Air eine zweijährige Zwangspause verpasst hatte, habe die Realisierung des Gedankens eher unbewusst ermöglicht.
„Wir hofften, dass die Pandemie nach einem Jahr vorüber sein würde. Als Belohnung für das ausgefallene Festival schenkten wir den Fans 2021 einen zweiten Tag“, erklärt Rauch. Dass das Festival dann zweimal hintereinander nicht stattfinden konnte, das habe man sich in den kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Es ist also purer Zufall, dass das zweitägige Festival, bei dem als Topbands „The Subways“ aus England, „Russkaja“ aus Österreich und „Sondaschule“ aus Deutschland spielen, mit dem 15-jährigen Bestehen zusammenfällt.
Rauch glaubt nicht, dass das Open Air zukünftig immer an zwei Tagen stattfinden oder gar auf ein ganzes Wochenende ausgedehnt werde. Schließlich stehe bei der Veranstaltung nicht der wirtschaftliche Erfolg im Vordergrund. Der Bad Staffelsteiner spricht von einem kulturpädagogischen Projekt, das in diesem Jahr an seine Grenzen stoße.
Viele junge Leute engagieren sich ehrenamtlich
„100 junge Leute engagierten sich in den vergangenen Jahren ehrenamtlich im Organisationsteam. In diesem Jahr mussten wir auf 150 aufstocken“, sagt Rauch. Für einen weiteren Festivaltag bräuchte man noch mehr Personal – auf ehrenamtlicher Basis wäre das nicht mehr zu schultern, meint der Veranstaltungschef.
Was lernen die jungen Leute, die sich uneigennützig für ein großes Musikfestival engagieren? „Wir geben ihnen Schlüsselqualifikationen, wie Belastbarkeit, Loyalität und Teamfähigkeit, mit für ihr weiteres Leben.“ Zudem bescheren Sie den Fans härterer Musik im äußeren Wallgraben der Festung Rosenberg alle Jahre wieder Momente für das Kronacher Rock?n?Roll-Geschichtsbuch.
So war es 2016 gewesen, als sich Bassist Stefan Ladwig von der Rostocker Punkband „Dritte Wahl“ zwischen historischen Burgmauern mit weit ausgebreiteten Armen in ein Meer aus zweitausend Fans fallen ließ. Ein vielstimmiger Chor schmettert die Hymne vom „Fliegen“ und das besungene Gefühl über den Dingen zu stehen, wurde lebendig. Publikum und Band wurden zu einer verschworenen Gemeinschaft und schwebten in ihrer ganz eigenen Punk-Welt.

Die Rostocker Altpunker, die seit 36 Jahren existieren, hätten am Freitagabend spielen sollen – doch aus gesundheitlichen Gründen muss das Wiedersehen abgesagt werden. An ihrer Stelle spielt die deutsche Punkband „Alarmsignal“ aus Celle, die nicht ganz so bekannt ist wie das Quartett aus Mecklenburg-Vorpommern. Die Formation ist der perfekte Ersatz, wie Rauch findet: „Alarmsignal hatten mit Dritte-Wahl-Gitarristen Gunnar Schröder 2021 das Duett ,Ich hoffe du findest, was du suchst‘ eingespielt, das in der Punkszene viel Anklang fand.“ Obgleich die Infektionszahlen noch hoch sind, an einer dritten Absage glaubt Samuel nicht. Die neuen Corona-Regeln stimmen ihn zuversichtlich. Am 19. März wurden im Freistaat alle Kapazitäts- und Personenobergrenzen bei Kultur- und Sportveranstaltungen aufgehoben. Auch die Maskenpflicht gilt seit dem 2. April in vielen Bereichen nicht mehr.
Selbstverständlich dürfe jeder, so Rauch, Maske tragen, um sich oder andere zu schützen. Wie das Stimmungsbarometer nach zwei Jahren Livekonzertdürre ausfallen wird, vermag Samuel nicht zu sagen.
„Es kann sein, dass die Stimmung noch ausgelassener ist, sich manche aber auch erschlagen fühlen, wenn sie nach Jahren der Abstinenz erstmals wieder Live-Musik erleben dürfen.“ Weitere Informationen rund um das Festival gibt es auf www.die-festung-rockt.de.
Von STEPHAN STÖCKEL