Er ist ein junger, hochdeutsch redender Bibliothekar, der Oldtimer restauriert und mit diesen in Pferdsfeld eine Bio-Landwirtschaft betreibt. Das hört sich erst einmal sehr ungewöhnlich an und passt nicht wirklich zusammen. Der 36-jährige Jochen Wunsch ist deutlich jünger als seine Fahrzeuge. Sein unmotorisierter Mähdrescher und sein orangefarbener BMW mit dem H-Kennzeichen sind aus dem Jahr 1975, der Geräteträger sogar von 1964.
Hinter dem Haus steht ein schwarzes Motorrad der Marke Honda, eine „Shadow“ von 1998, und wer nicht aufpasst, stolpert über einen ausrangierten Pflug.
Das mit dem Hochdeutschen, so Wunsch, sei schnell erzählt, das habe der Beruf mit sich gebracht. Ehe er in seiner jetzigen Anstellung in der Uni-Bibliothek in Bamberg zu arbeiten anfing, war er im Deutschen Museum in München als Bibliothekar beschäftigt. „Da kannst ka Fränkisch reden, die Studenten verstehen dich ja net“, meint er.

In München habe er nach Dienstschluss die Abendschule besucht und sich auf dem zweiten Bildungsweg zum Landwirt ausbilden lassen. „Mein Onkel ist der Josef Braun, der hatte in Pferdsfeld eine große Landwirtschaft mit einer Bullenmast, Ackerbau und Forstwirtschaft“, nennt er den Hauptgrund für seine Weiterbildung. Dann sei Onkel Josefs Sehvermögen zunehmend schlechter geworden und er habe die Landwirtschaft aufgeben müssen. Jochen Wunsch, der in Pferdsfeld aufgewachsen war, beschloss, zumindest einen Teil davon zu übernehmen und weiterzuführen.

Ausprobieren, experimentierten und einfach mal etwas wagen
Allerdings nach seinen eigenen Ideen: Hauptberuf in der Uni, Nebenberuf in der Landwirtschaft. „Der Vorteil vom Nebenerwerb ist, ich muss nicht zwingend davon leben“, sagt er. So kann er alte Getreidesorten wie Emmer und Dinkel ausprobieren, den Anbau von Mohn wagen, mal mit Zwischen- und Zwei-Frucht- Anbau experimentieren – das reizte ihn sehr.
Als weiteren großen Vorteil der Ausbildung zum Landwirt, benennt er die Kenntnisse, die er dort für Technik und für Reparaturen erworben hat. „Das meiste mache ich selbst. Was ich nicht weiß, erfrage ich bei Freunden oder Bekannten“, so Wunsch. Und von denen hat der 36-Jährige genug: Jochen Wunsch ist seit Gründung der „Oldtimerfreunde Pferdsfeld und Umgebung“ der Vorsitzende und er ist Vorstand bei der Freiwilligen Feuerwehr in Pferdsfeld. Seit 2019 ist er Bio-Landwirt.
Weil ihm Nachhaltigkeit am Herzen liegt
Das Thema Nachhaltigkeit spielt eine große Rolle. Er repariert, anstelle wegzuwerfen und neu zu kaufen. „Schau, das funktioniert alles rein mechanisch“, deutet er auf seine aktuelle „Baustelle“, den Geräteträger von 1964. „Keine Elektronik. Was er nicht hat, kann nicht kaputt geh‘n“, sagt er und lacht herzhaft. Selbst hier könne man noch viel selbst reparieren, sagt er, auf die rostigen Teile der Pritsche und auf die Räder deutend. Die Zapfwellen des roten Ungetüms funktionierten beide: Hinten würde das Mulchgerät für den Kartoffelacker hängen, vorne käme der Mähbalken hin.

Außen sind an allen vier Reifen extra Halterungen angebracht: Hier könne sogar ein zusätzlicher Satz Reifen aufgesteckt werden. „Mit so einer Zwillingsbereifung fährt der viel schonender auf dem Acker“, sagt Jochen Wunsch. „Der TÜV-Mensch hat anfangs seinen Augen nicht getraut.“ Er lacht wieder. Und freut sich. Denn der neue TÜV-Stempel ist drauf.
Aber da sind doch noch ein paar Roststellen, und Ausbesserungen nötig, und Lack und Farbe könnte der Geräteträger GT 124 vom Thüringer Hersteller „Kombinat Fortschritt Landmaschinentechnik“ gut vertragen. „Das soll das Winterprojekt werden“, so der Pferdfelder.
Von Monika Schütz