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BAD STAFFELSTEIN

Es geht hoch hinaus bei der Kultur-Initiative Staffelstein

„Tag des offenen Denkmals“ im Landkreis Lichtenfels
Ein besonderes Talent: Ausblick vom Bamberger Torturm auf Bad Staffelstein und Umgebung. Foto: Andrea Göldner

32 Meter hoch. Fertiggestellt 1573 durch den Bamberger Steinmetzen Jakob Wolf und der letzte noch erhalten Stadtturm der ehemaligen Mauer rund um Bad Staffelstein. Hermann Hacker, Vorsitzender der Kultur-Initiative Staffelstein e.V. (KIS), erzählte in mehreren Führungen am „Tag des offenen Denkmals“ die Geschichte des „Bamberger Torturms“ und begleitete die Zuhörerinnen und Zuhörer bis ganz nach oben. Gestartet wurde im Erdgeschoss, in der „Alten Darre“, der Heimat der KIS.

„Darre stammt aus dem mittelhochdeutschen und kann frei übersetzt mit trocknen gleichgesetzt werden“, sagte Hacker bei der Einführung. In der Tat war die „Alte Darre“ früher ein Raum, in dem die Reisenden sich oder ihre Waren trocknen konnten. Auch war dort das Kommunbrauhaus untergebracht, in dem die Einwohner ihr eigenes Bier brauen konnten. Doch dieses existiert schon lange nicht mehr.

Abenteuerliche Verhältnisse

Im Laufe der Jahrhunderte hat der Stadtturm einiges erlebt und würde, wenn er könnte, viel erzählen. So zum Beispiel von dem verheerenden Feuer 1684 oder dem Schwedenkrieg 1633. Fünf Geschosse zählten die Besucher, welche die engen und steilen Stiegen emporkletterten. Angefangen im ersten Stock, wo sich die mittlerweile zugemauerten Durchgänge zur Stadtmauer befinden, über den zweiten Stock, dem ehemaligen Sandboden, und dem dritten Stock, dem Holzboden, ging es weiter nach oben in den vierten Stock, in welchem sich die Kinderzimmer der ehemaligen Türmerwohnung befanden. Die Aufgabe des Türmers war, die Stadt vor Feuer zu bewahren, indem er beim geringsten Anzeichen eines Brandes mittels einer Trompete Alarm schlug. Es heißt, dass die Türmer, bevor sie eingestellt wurden, ihre Fähigkeiten an der Trompete unter Beweis stellen mussten. Weiter oben waren Wohnraum, das Elternschlafzimmer sowie die Küche untergebracht.

Eine Toilette, wie wir sie heute kennen, gab es nicht, nur ein Plumpsklo war außerhalb für die notwendigen Bedürfnisse vorhanden. „Das muss man sich vorstellen: Wenn man mal in der Nacht musste, hieß das, all die engen Stiegen hinunter und wieder hinauf. Und das noch im Winter, wo es draußen kalt war.“ Kein wahres Vergnügen.

„Das ist ein Stück Zeitgeschichte.“
Hermann Hacker, KIS-Vorsitzender

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden dort bis in die 60-er Jahre Flüchtlinge einquartiert. Fließendes Wasser oder eine Heizung gab es nicht. Es zog überall, und der Turm mit all dem Holz knarzte und knackte. Es waren abenteuerliche Verhältnisse, aber Not machte eben erfinderisch. Einige der Räume, die sich noch in dem Zustand befinden, in welchem sie von den letzten „Mietern“ verlassen wurden, werden heute von der KIS als Ausstellungsräume genutzt. „Wir werden diesen Zustand auch nicht verändern“, so Hacker. „Das ist ein Stück Zeitgeschichte. Und dieses sollte so erhalten bleiben.“

„Tag des offenen Denkmals“ im Landkreis Lichtenfels
Hermann Hacker (mi.) erklärt in der Alten Darre die Bauweise des Dachstuhls. Foto: Werner Diefenthal

Großes Interesse fand bei den Besuchern der Dachstuhl und die Zimmermannsarbeiten. Man betrachtete die Passungen der Balken und wie sie verzapft waren. „Das Problem ist, dass wir immer darauf achten müssen, alle Luken geschlossen zu halten“, so Hacker weiter. „Bereits früher brüteten unterm Dach Tauben, auch Dachfalken und Dohlen fanden hier eine Heimat“, fügte er an, als die Besucher langsam wieder zu Atem kamen. Doch der Blick aus den schmalen Fenstern hoch über der Stadt entschädigte für die Mühen der Treppen, die man erklimmen musste.

„Also, nach unten ist es eigentlich schlimmer als nach oben“, war die einhellige Meinung der Besucherinnen und Besucher. „Die Enge der Treppen, die doch etwas ausgetretenen Stufen und der Blick nach unten, da wird einem schon anders.“ Doch einig war man sich, dass man mindestens einmal bis nach oben klettern müsse. „Dieser Ausblick ist phänomenal!“

Die Alte Darre selbst, in der die KIS seit vielen Jahren ihre Ausstellungen zeigt und die für Veranstaltungen genutzt wird, präsentiert sich dagegen offen und hell. Ein Raum, auf den die KIS und auch die Stadt Bad Staffelstein stolz sein kann und in dem mit Sicherheit noch sehr viele Besucher ein- und ausgehen werden. Und vielleicht auch den Mut und die Muße finden, all die Treppen zu erklimmen.

Von Werner Diefenthal

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