Das Votum hätte klarer nicht sein können: Als Bürgermeister Mario Schönwald die Anwesenden im bestens gefüllten Mehrzweckraum der Adam-Riese-Halle fragte, wer gegen die Teilsperrung der Bahnhofstraße im oberen Bereich waren, reckten nahezu alle ihre Hände gen Decke. Zuvor hatten die Einzelhändler und Anwohnenden dem Ansinnen in ihren nicht selten energischen Redebeiträgen eine deutliche Abfuhr erteilt.

Quartiersmanager Michael Böhm hatte eingangs noch einmal die Grundzüge von MILAS erklärt. Durch das millionenschwere Forschungsprojekt, das vom Bund finanziert und von der Bergischen Universität Wuppertal sowie der Technischen Universität München wissenschaftlich begleitet werde, erhalten die Stadtverantwortlichen das, was sie schon lange wolle: Eine Shuttle-Verbindung zwischen Kurbereich und Innenstadt entlang der Bahnhofstraße. Dafür sollen zwei autonom fahrende Busse mit sechs Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit verkehren, die hochgerechnet von April bis Oktober bis zu 70.000 Interessenten im Projektzeitraum gratis befördern könnten. Schon ab Mai sollen erste Shuttles fahren.

Probleme werde aber wohl der Bereich der Bahnhofstraße zwischen der Einmündung Kirchgasse und dem Marktplatz. Dort wurde die Straße zurückgebaut, also verengt. Der Vorschlag der Projektplaner: Eine Teilsperrung des genannten Bereichs montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr für den Durchgangsverkehr, mit Ausnahmen für die Anwohner/Anlieger. Lieferverkehr müsste dann prinzipiell zuvor oder danach erfolgen. „Sonst sind durch das Stop-and-Go die Tourenzeiten wohl nicht einzuhalten“, begründete Böhm.
Dr. Holger Scholl: Politik nicht nur für die Urlaubsgäste machen

„Wir bekommen von Urlaubsgästen regelmäßig die Rückmeldung, dass es schade sei, dass es in der Stadt nicht wenigstens ein Stück Fußgängerzone gibt“, führte Bürgermeister Schönwald aus. Dr. Holger Scholl konterte: „Bedenken Sie bitte, dass sie nicht nur Politik für Urlaubsgäste machen, sondern auch für uns Bürger!“ Die von Michael Böhm genannte Zahl etwaiger Fahrgäste bewertete er als utopisch. Realistisch aber seien rund 20.000 Besucher pro Jahr in seiner Zahnarztpraxis, von denen sich bislang so einige bis vor die Tür fahren ließen, weil sie beispielsweise schlecht zu Fuß sind. „Das sind alles Einheimische.“

„Lieferverkehr ist nicht vohgersehbar. Die angedachten Lieferzeiten funktionieren bei keiner Spedition der Erde“, sagte Peter Scheichenost, der damit auch die Meinung des Blumenhauses Bieber vertrat. „Das ist nicht praktikabel.“ Auch eine Vertreterin des NKD äußerte Bedenken. „Ich weiß nicht, wie man das bei uns umsetzen soll“, argumentierte auch Ladenbesitzerin Christine Schlund.

„Wir sind echt froh, unseren Einzelhandel zu haben“: Stadtrat Harald Konietzko (SPD), selbst Anwohner des betroffenen Bereichs, fragte an, ob es nicht denkbar sei, zwischen Kirchgasse und Marktplatz die Selbstfahrautomatik auszuschalten und manuell über den Operator zu steuern, der eh aus rechtlichen Gründen mitfahren müsse. Auch das, so der städtische MILAS-Projektbeauftragte Böhm, würde wohl zu Stop-and-Go führen, wenn Durchgangsverkehr fließe – und damit zu Verzögerungen.
„Ich bitte wirklich dringlich, die Straße offen zu lassen, sonst hätte das große,große Nachteile für die Geschäfte, sowohl oben als auch unten“, warnte Augenoptiker Rainer Büschel.

Er machte sich für eine Shuttlebus-Haltestelle in der Kirchgasse stark, „Von dort ist es eh am besten, die Stadt zu erkunden.“ Besser, als an Leerständen vorbeizufahren. „Wir haben drei Jahre Corona hinter uns. Hier wird nicht im Sinne der Unternehmer gedacht! Ein schöner Sarg nutzt dem nicht, der drinliegt.“ Applaus brandete auf.

Frank Mirsberger, Vorsitzender der Adam-Riese-Unternehmergemeinschaft, mahnte, dass es schon heute einen hohen Leerstand gebe. Er stellte sich nicht gegen das Projekt MILAS („Es ist gut und wichtig für Bad Staffelstein“), suchte aber nach Kompromissen – wie die Haltestelle Kirchgasse eine sein könnte.
Bislang gibt es zwischen Kirchgasse und Marktplatz einige wenige Parkplatze. „Würde es reichen, diese zu entfernen und nicht zu sperren, damit das Bähnchen fahren kann?“, suchte Stadtrat Mackert (CSU) nach einem Kompromiss. „Dann kann es doch ausweichen.“ Böhm aber hatte erhebliche Zweifel. Friseur Michael Espach brachte seinerseits eine Einbahnstraßenregelung ins Gespräch.

Apollonia Bulheller hatte selbstfahrende Busse in Kronach testen wollen: „Zweimal wollte ich fahren, zweimal kamen die nicht“, sagte sie. Als Besitzerin von Ferienwohnungen fügte sie warnend an: „Die Leute kommen in erster Linie in die Stadt, um etwas zu erleben. Doch in Geschäften, die geschlossen sind, kann man nichts erleben.“ MILAS-Projektbeauftragter Böhm führte aus, dass Projekte in Kronach, Rehau oder Hof nur bedingt mit Bad Staffelstein zu vergleichen seien, denn hier werde eine neuere Generation autonomer Busse erprobt. Und Bad Staffelstein erhalte eine Shuttle-Verbindung zum Nulltarif.
Susanne Mayr: Sperrung würde Lebensqualität verbessern

Susanne Mayr (Stadtcafé) war an diesem Abend die einzige, die sich mit einer Teilsperrung für den Durchgangsverkehr anfreunden konnte. Die Geschäfte hätten dann mehr Platz für Auslegeware, insgesamt würde das die Lebens- und Aufenthaltsqualität deutlich verbessern. Im unmittelbaren Umfeld gebe es genügend Parkplätze. „Der Durchgangsverkehr gehört meiner Meinung nach schon lange raus“, bekräftigte sie. Für den Lieferverkehr aber müsse man eine Lösung finden.

Stadträtin Sandra Nossek (SBUN/Grüne) sprang ihr bei und bat, auch die Interessen der Fußgänger zu berücksichtigen, die sich im engen oberen Abschnitt der Bahnhofstraße mit all dem Verkehr nicht gerade wohlfühlten. Dieser Einwand aber änderte nichts am letztlich überaus deutlichen Meinungsbild.
Von Markus Drossel