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BAD STAFFELSTEIN

Bad Staffelstein: Mit dem Museumskoffer ins Heim

So schaut er aus, der Museumskoffer, ein Stück aus dem Besitz des „Bären-Franzer“ aus den 1950-er Jahren. Der Inhalt wird noch durch fünf bis zehn Gegenstände ergänzt werden. Foto: Adelheid Waschka
Bad Staffelstei n

Der Prozess begann schleichend. Einige Dinge fielen zwar schon auf, man wunderte sich über bestimmte Verhaltensweisen, man bemerkte Veränderungen im Wesen - doch dass dahinter eine Demenz stecken könnte, bemerkt man nicht gleich. Oder will es nicht wahrhaben. Adelheid Waschka ging es so ähnlich.

Ihre Mutter und ihre Schwiegermutter erkrankten an Demenz und das auch noch mitten in Corona. Die Diagnose Demenz fiel im Krankenhaus, als die beiden betagten Damen wegen eines Sturzes dort in Behandlung waren. Was nun? Eine Herausforderung für die ganze Familie, die nun plötzlich die Pflegerrolle übernehmen musste. „Der erste Anspruch bei Demenz: man kann sich erst Hilfe holen, wenn man es verstanden hat. Das Problem ist: man will es nicht wahrhaben“, spricht Adelheid Waschka aus, was der Familie durch den Kopf gegangen ist.

Berufstätig, Haushalt, Verpflichtungen, Kinder- oder Enkelbetreuung- und dann sind plötzlich Mama oder Papa dement - das sei eine Herausforderung für jede Familie. Doch man stehe nicht alleine da, sagt sie. „Die Beschäftigung mit dem Thema Demenz im Alter wird jetzt endlich salonfähig. Bestimmte Projekte können diese Krankheit hinauszögern“, ist Adelheid Waschka überzeugt. Sie hat im letzten Jahr einen dreiteiligen Kurs belegt und ihn jetzt erfolgreich abgeschlossen.

Das langsame Vergessen

Es war ein „Starterkurs für Kulturschaffende“, der von der Demenz-Pflege Oberfranken mitgestaltet wurde und mit der Urkundenübergabe im Rathaus abgeschlossen wurde. Dass bei dementen Personen das Langzeitgedächtnis nicht so stark in Mitleidenschaft gezogen ist, wie das Kurzzeitgedächtnis, merke man vor allem daran, dass lange zurückliegende Ereignisse viel Präsenz im Leben der Erkrankten hätten. Sie sprechen vom zweiten Weltkrieg, von Flucht und von Ereignissen ihrer Kindheit, als wäre die Zeit stehen geblieben.

„In der Demenz kommen Kriegstraumata zutage, die Erinnerungen kommen zurück“, so Adelheid Waschka. Sie will nun mit der Museumspädagogin Christine Liebl zusammen einen Demenzkoffer packen und in Seniorenheime oder ähnliche Einrichtungen gehen. „Es sind diejenigen, denen wir unseren Wohlstand verdanken“, begründet sie mutig ihr Vorhaben. In ihren Koffer sollen Gegenstände, die einen Bezug zu Bad Staffelstein von früher haben.

Da gehöre Porzellan von Silbermann mit rein, eine Kaffekanne von der Alka, ein Krug einer alten Brauerei, aber auch ein Kohle-Bügeleisen und viele andere Gegenstände. Bürgermeister Mario Schönwald war erstaunt und bedankte sich recht herzlich. „Das ist auch für mich ein neues Thema“, zeigte er sich ergriffen. Walter Mackert, der als Seniorenbeauftragter seit vielen Jahren in Bad Staffelstein rege tätig ist, erklärte den Gerontologinnen Kerstin Hofmann und Sabine Distler, was sich in der Kurstadt tue: Im Haus „In der Heimat wohnen“ sei aktuell eine Demenz-WG. Wie in jeder anderen Wohngemeinschaft habe jeder der acht bis zehn Personen sein eigenes Zimmer. Es gebe viele Aktionen, bei denen man mitmachen könne.

Nach Fähigkeit und Möglichkeit

Vor zehn Jahren schon habe die Stadt das Projekt angegangen und würde es auch unterstützen. Quartiersmanagerin Katja Brade würde zudem auf die Dörfer rausgehen und in ihrer mobilen Sprechstunde so viele Angehörige und Interessierte wie möglich ansprechen. „Die Aufgabe, demente Angehörige zu pflegen ist nicht leicht - und es ist schwierig, das zuzugeben“, meinte Mackert. Dass das Museum nun auch hier tätig wird, freute ihn genauso, wie die beiden Damen von der Fachstelle Demenz.

Als Termin für ein Zusammentreffen nannte Adelheid Waschka den 12. Juli. Ab 15 Uhr soll im Museum ein Infonachmittag mit Angehörigen und Interessierten zum Thema Demenz stattfinden. Weitere Auskünfte erteilt sie gerne telefonisch unter 09573/ 33 10 30.

Der Museumskoffer

Adelheid Waschka hat mittlerweile den Museumskoffer gefüllt mit folgenden Gegenständen:

• Eine Zuckerdose von Silbermann-Porzellan, auf der Unterseite mit der Jahreszahl 1802. Sie verweist auf die lange Porzellantradition in Hausen.

• Die Trophäe einer Bürgerkönigin als Gewinn des Königsschießens der Vereine und Betriebe ausgetragen vom Schützenverein. Sie wurde beim m Schützenfest übergeben – ein gesellschaftliches Ereignis.

• Ein Bierseidla zum Jubiläum mit den Brauereien des Stadtgebiets zur Anregung von Gesprächen über Ausflugsziele und die Gastronomie im Stadtgebiet.

• Ein Limoglas der „Bärenbräu“, eines Biergartens mit Kegelbahn.

• Bierfilzla mit dem „Querkerla“ von der Staffelberg-Bräu als Ausgangspunkt zum Erzählen von Querkerla-Sagen.

• Ein Ammonit zum Tasten für Erinnerungen an die Feldarbeit, ans Wandern und Spazierengehen um den Staffelberg und auf dem Jura.

• Das Postkarten-Buch „Alt Staffelstein“ zur Erinnerung an die Ausflugsziele Kloster Banz, Vierzehnheiligen und Staffelberg.

• Das Buch „Lebensbilder“ mit Biografien der wichtigsten Persönlichkeiten bis zum Jahr 2000.

• Das „Frankenlied“ mit allen sechs Strophen auf dem Museumsflyer mit QR-Code. Wird dieser eingelesen, hört man die Klampfengruppe der Naturfreunde das Lied singen und spielen.

„Das ist nur der Anfang, das wird sicherlich noch um fünf bis zehn Gegenstände ergänzt“, schreibt Adelheid Waschka.

Von Monika Schütz

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