Ein Oberfranke beim Wahlkampf um den Bremer Senat – geht das? Niklas Stadelmann aus Theisau hat bei der Wahl um die Bremer Bürgerschaft die populistische Kleinpartei Bürger in Wut unterstützt, die fast elf Prozent einen Überraschungserfolg erzielt hat. Der beruflich als Verwaltungsleiter des Seelsorgebereichs Obermain-Jura im Weismainer Pfarramt tätige Stadelmann ist Generalsekretär der im November 2022 gegründeten Partei Bündnis Deutschland. Als konservativ-liberale Alternative zur Union auf der einen Seite und der AfD auf der anderen wolle das Bündnis auch bei weiteren Wahlen wie in Hessen antreten, sagt er.
Flyer in Bremen verteilt
Ein bewegender Moment sei es gewesen, am Wahlabend nach dem Erdrutscherfolg der Bürger in Wut vor die Kameras zu treten, sagt Stadelmann. Auch beim Wahlkampf sei er in Bremen an Infoständen präsent gewesen und habe Flyer verteilt. Ansonsten habe er sich eher im Hintergrund gehalten, damit nicht der Eindruck entstehe, ein Bayer wolle den Nordlichtern erklären, was sie zu wählen hätten.
Entscheidend dürfte auch die finanzielle Unterstützung von Bündnis Deutschland für die Bürger in Wut mit einer sechsstelligen Summe gewesen sein. Wo die Kleinpartei mit rund 1000 Mitgliedern das Geld genau her hat, wollte Stadelmann nicht sagen. Er verweist auf Spender aus dem Mittelstand, die eine Alternative zu Union und FDP suchten. Es handele sich weder um einen Großspender noch um Geld aus dem Ausland. Die Bürger in Wut wollen sich für die Unterstützung revanchieren, indem sie künftig unter dem Namen des Bündnis Deutschland in die Bremer Bürgerschaft einziehen – vorausgesetzt die Mitglieder entscheiden sich bei einer Urabstimmung dafür.
Einst Hoffnungsträger der CSU
Stadelmann war einst einer der Hoffnungsträger der CSU im Landkreis Lichtenfels. Als Kandidat für das Europaparlament, Stadtrat in Burgkunstadt und Vorsitzender der Jungen Union Kunstadt-Jura hatte er für Aufhorchen gesorgt. Bis der leidenschaftliche Organist Anfang 2021 aus der CSU austrat, um künftig nicht als Teamspieler, sondern als Solist Politik zu machen. Dafür gründete er gemeinsam mit Sebastian Herbst den Verein Christdemokratisch-Liberale Plattform (projekt-clp.de).

Die CLP wiederum hat sich im November 2022 mit der liberal-konservativen Sammlungsbewegung Bürgerlich-Freiheitlicher Aufbruch, der Bürgerallianz Deutschland sowie einzelnen Parteilosen zum Bündnis Deutschland zusammengeschlossen. „Als konservativ-liberale Partei wollen wir Wähler gewinnen, denen die Unionsparteien zu links und die AfD zu rechts ist“, sagt Generalsekretär Niklas Stadelmann. Dabei nimmt die neue Partei gerne auch ehemalige Mitglieder aus der AfD auf. Etwa im Vorstand Arniko Meinhold als stellvertretender Schriftführer (AfD von 2017 bis 2022), Markus Scheer als Mitgliederbeauftragten (AfD von 2013 bis 2022) oder den bayerischen Landesvorsitzenden Markus Plenk (früher AfD-Fraktionsvorsitzender im Landtag).
Niklas Stadelmann legt allerdings Wert darauf, dass nur gemäßigte AfD-Abweichler aufgenommen würden, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Dafür sorge eine penible Befragung in einem Aufnahmegespräch und eine zweijährige Probemitgliedschaft, die es erleichtere, unliebsame Personen wieder loszuwerden. So setze sich der Mitgliederstamm zu einem Fünftel aus ehemaligen AfD-Mitgliedern zusammen, zu einem Viertel aus früheren Unions-Mitgliedern, zu je 15 Prozent aus einstigen FDP- und FW-Mitgliedern sowie zu 50 Prozent aus bisher Parteilosen.
Gegen Gendern, für Atomkraft
Das Programm der Partei ist bisher wenig detailliert. So lehnt sie die Energiewende ab und fordert den Weiterbetrieb von Atom- und Kohlekraftwerken, um günstigere Strompreise zu erreichen. In der Migrationspolitik wird gefordert, die Asylfrage von Zuwanderung zu trennen: „Die erleichterten Aufnahmebedingungen im Fluchtfall müssen mit einer strengeren und schnelleren Anspruchsprüfung einhergehen, um Missbrauch zu verhindern.“ Gleichzeitig tolerieren sie rassistische Töne der BIW in Bremen, die auf ihrer Facebook-Seite jede Straftat herausstellt, die im Zusammenhang mit Mitgranten steht, und auf Wahlplakaten forderte „Messerstecher konsequent abschieben.“ Die Gefahr, dass damit Ausländer pauschal in den Verdacht gerückt werden könnten, als Straftäter und Gewaltverbrecher angesehen zu werden, will Stadelmann darin nicht erkennen.
Außerdem setzt sich die Partei gegen das Gendern und für konservative Werte ein. „Die christlich geprägte kulturelle Identität, die regionale Vielfalt sowie die Traditionen und Bräuche unseres Landes müssen gepflegt und erhalten werden“, heißt es im Programm.
Kandidatur bei Europawahl?
Bei der Landtagswahl in Hessen und bei der nächsten Europawahl wolle das Bündnis Deutschland auf jeden Fall antreten, kündigte Stadelmann ein. Er könne sich vorstellen, ein weiteres Mal für das Europaparlament kandidieren. Offen sei noch, ob es sich auch bei der Bayernwahl beteilige, weil die strengeren Zulassungsbestimmungen und die starken Gewichtung der Erststimme es kleinen Parteien schwer mache.
Niklas Stadelmann
der 28-Jährige wohnt in Burgkunstadt-Theisau. Er hat den BA in Philosophy und Theology an der University of Oxford erworben.
Er arbeitet als Leiter der kirchlichen Verwaltung im Pfarreiverbund Obermain-Jura im Erzbistum Bamberg mit Dienstsitz in Weismain, ist Organist und Kirchenmusiker ebenda.
Er war bis 2021 als Mitglied der CSU im Kreisvorstand Lichtenfels tätig, Kandidat zur Europawahl 2019 und Stadtrat der Stadt Burgkunstadt. Er ist Gründer und Bundessprecher der Christdemokratisch-Liberalen Plattform.
Von Gerhard Herrmann