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BURGKUNSTADT

Burgkunstadt: Dank Steno im Kopf zehn Jahre jünger

Die Steno-Damen mit Leiterin Gertrud Löffler an der Tafel. Foto: Roland Dietz

Oft ist es so, dass bei langjährigen und lieb gewonnenen Einrichtungen, die von der Bildfläche verschwinden, es von der Öffentlichkeit kaum bemerkt wird. Wenn dann Menschen das Ganze in einem anderen Rahmen weiterführen, ist dies ebenso.

Die Tätigkeiten und Mitglieder des Stenografenvereins in Burgkunstadt aus dem Jahr 1952, der zu Spitzenzeiten über 200 Mitglieder hatte, waren vor über zehn Jahren schon rückläufig, und 2016 wurde der Verein aufgelöst. Grund war sicherlich die bis heute sich weiterentwickelnde Digitalisierung. Doch schon 2013 wurde hier entgegen gesteuert und fast 15 Mitglieder machten weiter. „Denn Steno fordert grundsätzlich die Hirnzellen, was wiederum zu Wortfindungen verschiedenster Art führt“, weiß die Leiterin des Kurses, Gertrud Löffler, und damalige Vorsitzende des Vereins.

Und nun treffen sich an jedem Donnerstag von 9.30 Uhr in der Burgkunstadter Mittelschule zehn Damen, um der Stenografie weiterhin zu frönen. Und auch hier haben die Damen einen tieferen Sinn gefunden. Stenografie habe früher als Schrift der Gebildeten gegolten. „Sie ist noch nicht ganz von der Bildfläche verschwunden. Selbst im bayrischen Landtag wird, wenn es schnell gehen muss, noch so geschrieben“, erzählt Teilnehmerin Jutta Löbling.

Selbst im Landtag wird Stenografie noch angewendet

Leiterin Gertrud Löffler (li.) und Jutta Löbling, die ein Kursbuch mit Steno-Schriften zeigt. Foto: Roland Dietz

Aber auch Einkaufszettel, Notizen und Kurzbeschreibungen hätten mit Steno ihren Vorteil. Stenografie sei breitgefächert und es seien verschiedene Schriftarten wie Redeschrift, Eilschrift und Verkehrsschrift enthalten. Steno jetzt zu lernen, sei schwierig, da es kaum Interesse dafür gebe. Anfängerkurse würden kaum angeboten. „Wenn man an einer solchen Veranstaltung trotzdem teilnimmt, dauert es schon ein wenig, bis man die Grundlagen beherrscht“, ist sich Gertrud Löffler sicher.

Klar ist, dass die Gemeinschaft, welche die Damen pflegen, gesundheitsfördernd ist. Denn die Treffen, wenn sie auch mal mit einer Kaffeerunde verbunden sind, machen Spaß, was für das Immunsystem ja wichtig ist, aber es gibt in dieser Richtung noch andere Attribute.

Stenografie sorgt für bessere Reaktionsfähigkeit

Jutta Löbling zeigt ein Kursbuch mit Steno-Schriften. Foto: Roland Dietz

„Steno gegen das Vergessen“, heißt es da. Wenn Vorkenntnisse vorhanden seien, sei das Lernen kein Problem. Der Fokus dieses Kurses sei auf die geistige Fitness im vorgerückten Alter ausgerichtet. Dr. Manfred Gogol, Facharzt für Medizin und Geriatrie, bot ein Projekt an, das sich „Kurzschrift kontra Demenz – kognitives Lernen und gesundes Altern“ nannte. Er stellte fest, dass Stenografie bessere Reaktionsfähigkeit, Merkfähigkeit und manuelle Geschicklichkeit/Motorik zur Folge habe. „Diese Fähigkeiten sind in dieser Kombination in anderen Bereichen schwer zu finden“, so der Experte. Ein positives Ergebnis sei, dass eine 78-jährige Teilnehmerin das Level einer 68-Jährigen erreiche. So könnte man sagen: zehn Jahre jünger durch Stenografie.

Alle Teilnehmenden hätten auch Verbesserungen im Erinnern, in der raschen Auffassung, in der Sprach- und Denkfähigkeit, der Konzentration und Ausdauer und gar in der Feinmotorik entwickelt. „Diese positive Studie hat damals dazu geführt, dass unser Kurs Steno gegen das Vergessen gestartet wurde“, erzählen die Damen.

Texte sind zeitgemäß und informativ

Wie wichtig aber auch Schrift und Sprache im Alter seien, wurde eben bei solchen Untersuchungen festgestellt. Da die Teilnehmerinnen mit Eifer bei den Übungsstunden trainieren, ist sich Kursleiterin Gertrud Löffler sicher, dass ihr Kurskonzept gut sei: „Die Texte, mit denen gearbeitet wird, sind zeitgemäß und informativ. Selbst digitale Textthemen sind darin enthalten.“

Und dann wird es still. Alle sind in ihren Text vertieft, als Gertrud Löffler an die Tafel in Stenoschrift schreibt: „Steno gegen das Vergessen“ oder „Heute ist die Presse da“. Als Fazit kann gesagt werden, dass die Teilnehmerinnen vom Training überzeugt sind und mit Freude zum wöchentlichen Training kommen. Interessenten, die früher Steno in der Schule und im Beruf gelernt haben, können gerne mal „schnuppern“, sind sich alle einig.

 

Von Roland Dietz

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