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ARNSTEIN

Baudenkmal zum Wohlfühlen: Das alte Pfarrhaus in Arnstein

Baudenkmal zum Wohlfühlen: Das alte Pfarrhaus in Arnstein
Sichtlich wohl in ihrem Baudenkmal fühlen sich Katja und Marco Schmidt. Stolz sind sie auf das kunstvoll geschnitzte Barock-Geländer, das wohl aus dem ehemaligen Kloster Langheim stammt. Foto: red

Bei einer Wanderung im Jahr 2017 haben Katja und Marco Schmidt das alte Pfarrhaus in Arnstein entdeckt. Das schadhafte Schieferdach war mit einer Plane notdürftig abgedichtet, die Fassade von wildem Wein überwuchert. Seit 20 Jahren hatte es leer gestanden. Doch die beiden verliebten sich auf Anhieb in das 1698 errichtete Barockgebäude mit seinem Walmdach, der Dolomitstein-Fassade im Erdgeschoss und den eleganten Lisenen an den Ecken des ersten Stocks. Zwei Jahre lang haben sie fast jede frei Stunde in die Restaurierung gesteckt, dann konnten sie das Obergeschoss beziehen. Jetzt wurden sie für die gelungene Erneuerung mit dem Denkmalpflegepreis des Bezirks Oberfranken ausgezeichnet.

„Wenn man sich nicht zu schade ist, selbst mit anzupacken, ist es auch finanziell zu stemmen.“
Marco Schmidt, Grafiker

„Es ist wie mit dem Kinderkriegen, beim ersten Mal weiß man nicht, was da auf einen zukommt, aber dann würde man es immer wieder machen“, scherzt Katja Schmidt auf die Frage, ob sie die Entscheidung je bereut habe. Stolz sind sie und ihr Mann darauf, wie schön das einst so marode Gebäude geworden ist. Und wenn dann Wanderer stehen bleiben und es bewundern, wissen sie, dass sie es richtig gemacht haben.

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Ein Schmuckstück ist das ehemalige Pfarrhaus in Arnstein nach der Restaurierung. Dafür wurden Katja und Marco Schmidt mit mit dem Denkmalpflegepreis des Bezirks ausgezeichnet Foto: Gerhard Herrmann

„Wenn man sich nicht zu schade ist, selbst mit anzupacken, ist es auch finanziell zu stemmen“, ergänzt Marco Schmidt. Letztlich hätten sie auch nicht mehr bezahlt als für ein Haus in Holzständerbauweise. Allerdings mit dem Glück, ihre Handwerksfirmen vor der Preisexplosion im Bausektor verpflichtet zu haben.

Seit Oktober 2019 bewohnen die 43-jährige Bauingenieurin und der 50-jährige Grafiker mit ihrem fast vierjährigen Sohn Leonard die erste Etage des ehemaligen Pfarrhauses. Dort haben sie mit viel Liebe zum Detail historische Bausubstanz und modernen Wohnkomfort vereint. „Wir haben lange nach einem alten Haus gesucht, eigentlich sollte es ein Fachwerkhaus werden, doch jetzt sind wir froh, dass wir Zimmer mit fast drei Meter Deckenhöhe haben“, Katja Schmidt.

Ein handgeschnitztes Geländer, vermutlich aus dem Kloster Langheim

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Alt und neu mit sicherem Gespür verbunden: Ein Blickfang ist das freigelegte Fachwerk im Wohnzimmer. Foto: Gerhard Herrmann

Eine besondere Rarität passiert der Besucher auf dem Weg nach oben: das handgeschnitzte Treppengeländer aus Eiche, das wohl im 18. Jahrhundert entstanden ist und aus dem ehemaligen Kloster Langheim stammen soll. Sorgfältig hat Marco Schmidt das dunkelbraune Holz geölt. Erhalten wollte er auch das mehr als drei Meter breite Türelement zum Obergeschoss. Zusammen mit Kirchenrestaurator Erwin Bickel hatte er es vorsichtig ausgebaut und mit dem Abschleifen der Farbe begonnen. Doch beim Ausbau der Räume hat sich die Deckenhöhe um rund 15 Zentimeter verändert, sodass die Anpassung zu aufwändig geworden wäre. Daher entschieden sich die Eheleute, ein neues Türelement im gleichen Stil anfertigen zu lassen.

Für eine große Wohnküche haben die Ehreleute eine Wand herausgenommen und zwei Zimmer zusammengelegt. Mit einem antiken Weichholz-Büfett, einer rustikalen Sitzgarnitur und viel Holz lädt sie zum Verweilen ein. Die Wand zum Flur wurde bis auf ein Fachwerkelement ebenfalls entfernt. Einen Durchblick zum Wohnzimmer ermöglicht die offene Fachwerkwand, deren Balken aus dem 17. Jahrhundert freigelegt wurden. Als gestalterisches Element setzen die Balken auch im Wohnzimmer, das mit einem Kamin und einer Couchgarnitur modern eingerichtet ist, einen besonderen Akzent. Ölbilder des Hausherrn verleihen dem Raum zudem eine künstlerische Note.

In zwei Räumen müssen die maroden Balken ersetzt werden

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Das ehemalige Büro des Pfarrers ist heute das Kinderzimmer. Erhalten wurde der alte Dielenboden. Aus den Fenstern blickt man auf die Kirche Sankt Nikolaus. Foto: Gerhard Herrmann

Ein Rundbogen im ehemaligen Büro des Pfarrers öffnet sich zu einem Nebenraum, wo jetzt das Kinderbett steht. Durch die Fenster fällt der Blick auf die Pfarrkirche Sankt Nikolaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die in Kassettenform gearbeiteten Dielen und ein weiß gekalkter Balken geben dem Schlafzimmer eine besondere Note. Modern ist das Badezimmer eingerichtet. Da die Böden und zahlreiche Balken im Obergeschoss durch die Feuchtigkeit vermodert waren, mussten sie erneuert werden. Dass die neu verlegten Eichendielen ein leichtes Gefälle aufweisen, stört die Hausbesitzer nicht.

Noch viel Arbeit wartet auf sie hinter der liebevoll restaurierten Eingangstür aus dem 19. Jahrhundert im Erdgeschoss. Die Böden mussten wegen Feuchtigkeitsschäden komplett entfernt, eine Betonplatte und Estrich eingebracht werden. Von der Tür am Hintereingang waren nur noch die rustikalen Beschläge zu verwenden. Zwei Glastüren sorgen dafür, dass es nicht zieht.

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Für die geräumige Wohnküche haben die Hausbesitzer zwei kleine Räume miteinander verbunden. Ein antikes Büffet harmoniert gut mit den modernen Einbauelementen. Foto: Gerhard Herrmann

Voll des Lobes sind Katja und Marco Schmidt für die Mitarbeiter der Denkmalschutzbehörden, mit denen sie jeden Schritt der Arbeiten abgestimmt haben. Da sie selbst so viel von der historischen Bausubstanz wie möglich erhalten wollten, habe es keine Schwierigkeiten gegeben – stattdessen viele gute Ratschläge, die die Arbeiten erleichterten.

Der wichtigste Schritt am Anfang war die Sanierung des maroden Dachs. „Mit dem Erzbistum waren wir uns über den Kauf rasch einig, Hauptbedingung war, dass das Dach noch vor dem Winter 2017 gedeckt werden konnte, um weitere Schäden zu verhindern“, berichtet Marco Schmidt. Ein Stein sei ihnen vom Herzen gefallen, als sie sich mit den Denkmalpflegern darauf einigen konnten, die schadhafte Schiefereindeckung durch Muldenfalzziegel aus Ton zu ersetzen: „Schiefer hätte unser Budget gesprengt.“

Der Dachstuhl aus der Barockzeit war weitgehend intakt, lediglich einige morsche Teile von Balken mussten ersetzt oder verstärkt werden. Die Holzfenster aus den 1970-er Jahren wurden durch zweiflügelige Holzfenster mit Sprossen ersetzt. Mehrere Kamine mussten abgebrochen, zwei saniert werden. Um möglichst wenig in die Bausubstanz einzugreifen und die Fassade dauerhaft zu trocknen, ließen die Schmidts eine Gebäudehüllentemperierung, die mit einer Holz-Pellets-Heizung betrieben wird, einbauen. Komplett erneuert wurden Elektrik und Sanitärinstallation. Wert legten die Bauherren auch hier auf Details wie Drehschalter, die alten Bakelit-Lichtschaltern nachempfunden sind.

In Handarbeit werden Kalkfarben und Wandputz abgetragen

Viel Schweiß kostete die Entkernung des Gebäudeinneren. Gemeinsam mit der Familie trugen die Schmidts die alten Kalkfarben und den Wandputz bis auf die tragenden Schichten ab, befreiten Deckenbalken und Lattung von Schilfmatten und Putz. Bis zum Januar 2020 hatten sie mehr als 2500 Arbeitsstunden geleistet. Die Dolomitstein-Fassade im Erdgeschoss wurde im ursprünglichen Zustand erhalten, das Obergeschoss im Stil umliegender Kirchen neu verputzt. Mehrmals mussten sie den Einzugstermin verschieben, weil einige Gewerke nicht fertig wurden.

Geholfen haben auch viele Arnsteiner, die das Paar mit offenen Armen aufgenommen haben – mal mit dem Ausleihen eines Traktors, indem sie mit anpackten oder Kuchen zur Baustelle brachten. Und die Schmidts sind angekommen in dem Dorf auf dem Jura. In der Kirche Sankt Nikolaus haben sie geheiratet und dort wurde auch ihr Sohn getauft.

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Moderne Akzente haben Katja und Marco Schmidt mit der Glastür im Flur des alten Pfarrhauses gesetzt. Im Hintergrund die Hintertür mit historischen Beschlägen und nachgebautem Holzblatt. Foto: red

Noch viel zu tun bleibt im Erdgeschoss, wo Marco Schmidt gerade dabei ist, einen Raum als Arbeitszimmer herzurichten. Ein Wunschtraum ist auch die Erneuerung der maroden Eingangstreppe, deren Dolomitstufen sich gelöst haben. Und im vergangenen Sommer hat der Hausherr das gute Wetter genutzt, um im Garten eine Terrasse zu bauen. Nebenan stapeln sich Sandsteinplatten und sobald er damit beginnt, den Boden zu bearbeiten, tauchen weitere Steinquader auf. Die Arbeit wird ihm so bald nicht ausgehen.

„Heute schmückt das Gebäude wieder die Ortsdurchfahrt von Arnstein und stellt ein Beispiel für eine gelungene Sanierung dar“, schreibt die Jury des Denkmalpflegepreises in der Begründung für die Auszeichnung. Mit 5000 Euro ist er dotiert, eine schöne Anerkennung für den zusätzlichen Aufwand, den die Sanierung eines Baudenkmals bedeutet.

Von Gerhard Herrmann

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